Gefährliche Goldgräberstimmung an den Optionsmärken und die US-Wahlen
Diese Woche ging es zuerst schön nach oben und gegen Ende Woche gab es Abgaben, vor allem bei den US-Technologieaktien.
Mit Termingeschäften kann jeder leicht Millionär werden (oder doch nicht?)
Mittlerweile weiss jeder, dass man mit Termingeschäften auch Technologieaktien Milionär werden kann. Die Videokonferenz-Firma Zoom stieg diese Woche an einem Tag 40%. Es wurden Quartalszahlen veröffentlicht, die besser waren als erwartet. Der folgende Chart verdeutlich die Goldgräberstimmung die aktuell herrscht:
Der Chart zeigt in blau wie viele Termingeschäfte auf steigende Börse (calls) platziert wurden. Wir stehen auf dem weitaus höchsten Stand seit 20 Jahren. Die Börse ist da leider unerbittlich, wenn alle auf das gleiche Pferd setzten, geschieht meist das Gegenteil. Eindrücklich sieht man das hier:
Als im März alle ihr Portfolio mit Put-Optionen abgesichert hatten, kam die Trendwende und es ging steil nach oben. Nun kaufen alle Call Optionen und die Börse dreht steil nach unten? In der Vergangenheit war das in fast allen Fällen genau so der Fall. Aus dem vermeidlichen Million-Gewinn, wird dann schnell ein Totalverlust.
Aus dieser Perspektive betrachtet, haben die Marktverluste Ende Woche auch nicht überrascht.
US-Wahlen
Die Präsidentschafts-Wahlen in Amerika vom 4. November 2020 werden uns die nächsten zwei Monate intensiv beschäftigen. Beide Kandidaten, Trump wie Biden, sehen es als eine der wichtigsten Wahlen der Geschichte.
Gute aktuellen Wahlprognosen findet man bei CNN und beim Projekt Five Thirty Eight. Aktuell liegt Biden mit ca. 50% vor Trump mit 43%.
Ich will zwei Aspekte näher beleuchten: Gesellschaftspolitisch und Wirtschaftspolitisch. Und dann daraus die Reaktion der Börsen ableiten.
Gesellschaftspolitisch:
Amerika brennt. Konflikte und Gewalt wird vom Präsidenten begünstigt. Die Gesellschaft bricht auseinander. Die beiden Lager stehen sich unversöhnlich gegenüber.
Wenn man vor 10 Jahren gesagt hätten, es besteht eine Gefahr, dass Amerika in seine Einzelstaat zerfallen könnte, so wäre man eine Kandidat für die Heilanstalt gewesen. Heute ist das ein Szenario, dass nicht mehr ausgeschlossen werden kann.
In der Hinsicht würde ein Gewinn von Biden wieder Ruhe und Stabilität bringen.
Wirtschaftspolitisch: Es ist bisher noch fast nie amtierender Präsident, der nochmals kandidierte abgewählt worden, wenn die Wirtschaftslage gut war. Für die Amerikaner ist es bei einer Wahl enorm wichtig, ob sie mehr oder weder Vermögen und/oder Einkommen hatten als früher.
Quelle: JP Morgan Guide to the Markets, Europa, 3Q 2020, Stand per 30, Juni 2020
Die Grafik zeigt, dass trotz Corona die Verschuldung der Privathaushalte in den letzten Jahren abgenommen hat und Nettoersparnisse gestiegen sind. Die Steuerreform von Trump hat dazu geführt, dass fast jeder Amerikaner mehr verdient als früher. Die Arbeitslosenzahlen sind durch Corona stark angestiegen aber wegen den Corona Sonderzahlungen von USD 600 pro Woche haben 70% der Arbeitslosen mehr Geld bekommen, als wenn sie noch gearbeitet hätten. Das Hilfspaket ist zwar ausgelaufen aber Trump verspricht Unterstürzung aus dem Katastrophenfonds und ein neues Hilfsprogramm wird im Kongress ausgearbeitet.
Diese Zahlen sprechen für einen Sieg von Trump.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch der Artikel im Tagesanzeiger zu der Wahlprognose von Allan Lichtman, der seit 1984 mit seinen Prognosen richtig lag. Bei ihm erhält Trump 6 und Biden 7 Punkte. Die Prognose wurde aber im August erstellt und zumindest ein Punkt, "Kurzfristige Wirtschaftsentwicklung: Die Corona-Pandemie hat die USA in eine Rezession gestürzt", könnte mit der Schützenhilfe der Notenbank und der Hilfsprogramme mittlerweile am Trump gehen. Das würde zu einem Resultat Trump 7 und Biden 6 führen.
Fazit: Es wird auf jeden Fall ein sehr enges Resultat geben, auch wenn die Prognoseinstitute aktuell noch Biden vorne sehen. Sein Vorsprung sinkt immer mehr. Biden ist bekannt durch seine Aussetzer und Fettnäpfchen in Debatten in die er gerne Tritt. Die drei Fernsehduelle zwischen Trump und Biden versprechen viel Spannung.
Börse: Wie wird die Börse auf die Wahlen reagieren. Dazu muss man die Hauptpunkte aus dem Wahlprogramm der beiden Kandidaten betrachten.
Trump:
- Weitere Steuererleichterungen
- America First, Wirtschaftskrieg gegen China
- Law and Order
Biden:
- Steuererhöhungen wie zum Beispiel eine Kapitalgewinnsteuer für Anleger über 1 Mio Vermögen.
- Krankenkasse für alle. Senkung der Margen von Pharmafirmen, höhere Lohn-Nebenkosten für Firmen
- Widerstand gegen die grosse Marktmacht einzelner Technologiefirmen.
- Auch wenn sich Biden davon distanziert, die Defund-Police Bewegung treibt Trump Wähler direkt in die Arme.
Für die Börse haben die Demokraten nicht viel Positives im Programm. Schon nur die neue Kapitalgewinnsteuer könnte zu massiven Verkäufen grosser Anleger führen, um die Kapitalgewinne der letzten Jahre zu sichern.
Fazit:
Ein Sieg von Biden wäre für die Börse kurzfristig negativ. Diese negativen Aspekte erhöhen sich, falls die Demokraten auch die beiden Kammern im Parlament erobern und keine Kompromisse schliessen müssen. Mittel und langfristig hätte die gesellschaftspolitische Stabilisierung aber positive Effekte.
Ein Sieg von Trump wäre für die Börse kurzfristig positiv. Mittel und langfristig hätte die gesellschaftspolitische Destabilisierung aber negative Effekte.
Zusätzliche Bildquellen: Anfangsgrafik Designed by Freepik
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