Marktanalyse - Kalenderwoche 16/2025
- martin1060
- 24. Apr.
- 8 Min. Lesezeit
Pessimismus an den Märkten – doch was sagen die Zahlen wirklich?

In den letzten paar Wochen, haben wir deutliche Schwankungen an den Weltmärkten erlebt, die zu einem grossen Teil auf politische Entscheidungen aus dem Weissen Haus zurückzuführen sind. In den vergangenen Wochen hat Präsident Trump widersprüchliche Signale in Bezug auf Zölle ausgesendet, mal drohte er mit drastischen Erhöhungen, dann wieder deutet er Kompromissbereitschaft an. Dieses Hin und Her hat ein hohes Mass an Unsicherheit geschaffen und es Investoren zunehmend erschwert, Risiken realistisch einzuschätzen.
Besonders am US-Markt macht sich diese Unsicherheit bemerkbar. Die mangelnde Berechenbarkeit der Handelspolitik sowie das Fehlen einer klaren, langfristigen Strategie haben zu einem Vertrauensverlust in die wirtschaftspolitische Führung der USA geführt. Der Anleihemarkt, oft ein nüchterneres Barometer für die Stimmung, sendet zunehmend Warnsignale aus, etwa durch eine steilere Zinsstrukturkurve, die eher Nervosität als Zuversicht widerspiegelt.
Im heutigen Bericht wollen wir näher beleuchten, wie berechtigt die aktuelle Panik an den Weltmärkten tatsächlich ist und inwiefern sie möglicherweise von überschätzten Ängsten und Schlagzeilen getrieben wird.

Quelle: Markus Koch mit Daten via BofA Global Fund Manager Survey, 17.04.25
Diese Grafik zeigt den prozentualen Rang der Investorenstimmung, basierend auf Daten aus der Global Fund Manager Survey (FMS) von Bank of America. Der Stimmungsindex ist ein zusammengesetztes Mass, das die Wachstumserwartungen von Fondsmanagern, ihren Liquiditätsquoten sowie die Aktiengewichtung kombiniert. Die y-Achse reicht von 1 bis 10, wobei 1 für eine extrem niedrige Stimmung und 10 für hohen Optimismus steht. Die x-Achse erstreckt sich von 2001 bis 2025 und zeigt, wie sich die Stimmung im Laufe der Zeit im Zusammenhang mit globalen Ereignissen verändert hat.
Die Grafik ist mit bedeutenden politischen, wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklungen versehen, die die Investorenstimmung beeinflusst haben, darunter der 11. September, der Irakkrieg, die globale Finanzkrise (GFC), die Schuldenkrise in den USA und der EU und die COVID-19-Pandemie. Neuere Markierungen umfassen den Zusammenbruch der Silicon Valley Bank (SVB), das politische Ereignis „Blue Wave“ in den USA sowie den aktuellen Rückgang der Stimmung, der auf die sogenannte „Trump 2.0“-Phase und erneute Handelskriegssorgen zurückgeführt wird.
Jeder grössere Abschwung in der Grafik fällt mit einem signifikanten negativen Ereignis oder einer Phase erhöhter Unsicherheit zusammen, ein klarer Beleg dafür, wie Fondsmanager auf globale Schocks reagieren. Umgekehrt zeigt sich eine Verbesserung der Stimmung typischerweise in Zeiten politischer Stabilität, wirtschaftlicher Stärke oder geldpolitischer Lockerung.
Am auffälligsten ist jedoch, dass das derzeitige Stimmungsniveau (Anfang 2025) das fünfthöchste Tief seit Beginn der Aufzeichnungen darstellt, ein deutlicher Einbruch des Vertrauens unter globalen Investoren. Diese Entwicklung lässt darauf schliessen, dass Fondsmanager aktuell schwache Wachstumserwartungen haben, höhere Cash-Bestände halten und Aktien untergewichten, alles Anzeichen für eine defensive, risikoaverse Haltung.
Besonders bemerkenswert ist, dass die Stimmung derzeit so niedrig wie während der COVID-19-Krise. Damals herrschte globale Unsicherheit: Niemand wusste, wie sich der Virus entwickeln würde, ob es mutieren könnte oder wie lange weltweite Lockdowns andauern würden. Es gab keine klare Lösung, ausser abzuwarten. Im Gegensatz dazu könnte die aktuelle Unsicherheit, die sich stark auf Handelskriege und politische Instabilität unter Trump konzentriert, theoretisch sofort beendet werden. Ein einziges Wort aus dem Weissen Haus könnte reichen, um die Märkte zu beruhigen und das Vertrauen wiederherzustellen. Das macht es umso erstaunlicher, dass die Investorenstimmung heute genauso am Boden liegt wie in einer Zeit, in der die Welt buchstäblich stillstand. Laut der Umfrage wird Donald Trump von Investoren derzeit als ebenso unberechenbar für die Weltwirtschaft wahrgenommen wie damals die COVID-Pandemie. Das Vertrauen in politische Führung ist so gering, dass selbst eine potenziell lösbare Krise wie ein Handelskonflikt als ebenso gefährlich eingeschätzt wird wie eine globale Gesundheitskatastrophe mit unbekanntem Ausgang.
Diese Grafik zeigt somit nicht nur die Reaktivität der Märkte auf globale Entwicklungen, sondern auch, wie tief das Vertrauen in die aktuelle US-Regierung und insbesondere in Donald Trump gesunken ist. Viele Investoren haben, wie aus dem Chart ersichtlich, kaum noch Vertrauen in eine stabile, berechenbare Wirtschaftspolitik unter seiner Führung.

Quelle: Markus Koch mit Daten via BofA Global Fund Manager Survey, 17.04.25
Diese Grafik zeigt die Ergebnisse einer Umfrage, in der Investoren nach dem grössten sogenannten „Tail Risk“ gefragt wurden, also einem Ereignis mit geringer Wahrscheinlichkeit, aber potenziell gravierenden Auswirkungen auf die globalen Märkte. Die Antworten der Investoren werden über drei aufeinanderfolgende Monate hinweg verglichen: Februar 2025 (graue Balken), März 2025 (hellblaue Balken) und April 2025 (dunkelblaue Balken).
Das auffälligste Ergebnis ist der deutliche und kontinuierliche Anstieg der Besorgnis über ein spezifisches Risiko: „Ein Handelskrieg löst eine globale Rezession aus.“ Im Februar sahen rund 40 % der Befragten darin die grösste Bedrohung; im März stieg dieser Anteil auf etwas über 50 %, und im April schoss er auf alarmierende 80 % hoch. Damit ist dieses Szenario mit grossem Abstand die dominierende Sorge der Investoren im Vorfeld des Sommers 2025.
Diese Daten bestätigen eindrücklich die in der vorherigen Grafik gezeigten Bedenken, wonach die globale Investorenstimmung auf das fünftniedrigste Niveau aller Zeiten gesunken ist. Dort deutete die Anmerkung „Trump 2.0“ bereits auf einen direkten Zusammenhang zwischen der Verunsicherung der Investoren und der wahrscheinlichen Rückkehr von Donald Trump ins Weisse Haus hin. Diese neue Grafik bestätigt diesen Zusammenhang eindeutig: Investoren misstrauen nicht nur dem wirtschaftspolitischen Kurs der zweiten Trump-Regierung, sondern befürchten konkret, dass seine Politik einen neuen Handelskrieg auslösen könnte, mit verheerenden globalen Folgen.
Zusammengefasst macht diese Grafik deutlich: Die Wiederwahl von Donald Trump ist zu einer zentralen Quelle wirtschaftlicher Angst für globale Investoren geworden. Die Sorge betrifft dabei nicht nur allgemeine politische Unsicherheit, sondern basiert auf der konkreten Erwartung, dass ein erneuter Handelskrieg unter Trump die Weltwirtschaft in eine Rezession stürzen könnte.

Quelle: Markus Koch mit Daten via BofA Global Fund Manager Survey, 17.04.25
Die dritte Grafik zeigt die Erwartungen von Fondsmanagern hinsichtlich der wahrscheinlichsten Entwicklung der Weltwirtschaft in den kommenden zwölf Monaten. Die Umfrageergebnisse verdeutlichen einen zunehmenden Pessimismus unter den Befragten: 49 % (rot) rechnen mit einem „Hard Landing“, also einer harten wirtschaftlichen Landung. 37 % (blau) erwarten ein „Soft Landing“, und nur 3 % (grün) glauben, dass es zu keiner Landung kommt, also zu einem anhaltend stabilen Wirtschaftswachstum ohne nennenswerte Abschwächung.
Ein „Hard Landing“ beschreibt typischerweise ein Szenario, in dem restriktive Geldpolitik, geopolitische Spannungen oder strukturelle Schwächen zu einer deutlichen wirtschaftlichen Abkühlung oder sogar Rezession führen. Im Gegensatz dazu steht das „Soft Landing“-Szenario, bei dem es der Geld- und Fiskalpolitik gelingt, das Wachstum gezielt zu dämpfen, ohne eine Rezession auszulösen. Dass immerhin 37 % noch an diese Möglichkeit glauben, zeigt, dass es trotz aller Unsicherheit noch Hoffnung auf eine kontrollierte Normalisierung gibt, allerdings in deutlich geringerem Ausmass als noch vor einigen Monaten.
Besonders bemerkenswert ist, dass nur 3 % der Befragten glauben, dass es zu gar keiner Landung kommt, also einem anhaltend robusten Wachstum ohne signifikante Abkühlung.
In Kombination mit den vorangegangenen Charts ergibt sich ein konsistentes Bild: Die Investorenstimmung ist am Boden, die grösste Angst gilt einem globalen Handelskrieg und fast die Hälfte der professionellen Marktteilnehmer bereitet sich auf eine harte wirtschaftliche Korrektur vor. Das ist ein deutliches Warnsignal und unterstreicht, dass die Märkte momentan im Krisenmodus agieren, defensiv , vorsichtig und zunehmend auf der Suche nach Absicherung statt Rendite.

Quelle: Yardeni Research, 17.04.2025
Doch übertreiben die Märkte vielleicht mit ihrem Pessimismus? Ein Blick auf die vierte Grafik, die die operativen Gewinne pro Aktie (Operating Earnings per Share) sowie die Prognosen von Yardeni Research Inc. (YRI) zeigt, deutet genau darauf hin.
Die Grafik zeigt die Entwicklung der Unternehmensgewinne in Blau seit 2008 sowie Prognosen bis 2026. Dabei lässt sich sehr deutlich erkennen, wie die Gewinne während zweier grosser Krisen stark eingebrochen sind; während der globalen Finanzkrise 2008/2009 und erneut zur Zeit der COVID-19-Pandemie 2020. Diese Einbrüche verliefen im Einklang mit der damaligen extrem negativen Investorenstimmung, wie wir bereits in einer früheren Grafik gesehen haben.
Für 2025 hingegen sehen wir kein vergleichbares Muster. Zwar wurden die Gewinnprognosen leicht nach unten korrigiert, aber es gibt keinerlei Anzeichen für einen deutlichen Einbruch der Unternehmensgewinne. Im Gegenteil, die erwarteten Erträge liegen weiterhin über dem Niveau von 2024 und sollen sich bis 2026 weiter positiv entwickeln. Die Kurve zeigt Stabilität und Wachstum und steht damit in starkem Kontrast zur aktuell pessimistischen Marktstimmung, die in den vorherigen Charts deutlich wurde.
Das ist ein starkes Signal für die Widerstandsfähigkeit und strukturelle Gesundheit der grössten US-Unternehmen. Trotz aller Unsicherheiten rund um Handelszölle, geopolitische Spannungen und die drohende Konjunkturabkühlung bleiben die Gewinnerwartungen positiv. Es gibt keine Anzeichen für einen grundlegenden Einbruch der Unternehmensgewinne, wie man ihn im Falle eines echten „Hard Landing“ erwarten würde. Gerade diese Diskrepanz ist bemerkenswert: Während Investoren zunehmend panisch auf ein mögliches „Hard Landing“ reagieren und eine globale Rezession befürchten, zeichnen die tatsächlichen und prognostizierten Unternehmensgewinne ein ganz anderes Bild. Sie deuten auf eine Wirtschaft hin, deren stärkste Unternehmen trotz geopolitischer Unsicherheit, Handelskriegssorgen und Zinsrisiken weiterhin solide Fundamentaldaten aufweisen.
Die Prognosen legen nahe, dass viele Großkonzerne gut aufgestellt sind, um selbst unter widrigen Rahmenbedingungen stabile bis steigende Gewinne zu erwirtschaften. Auch wenn kurzfristige Risiken bestehen, zeigen die mittelfristigen Erwartungen ein gesundes und wachsendes Gewinnumfeld, ein Zeichen dafür, dass die Unternehmen nicht nur widerstandsfähig, sondern anpassungsfähig sind.
All das spricht dafür, dass die derzeitige Panikstimmung an den Märkten möglicherweise überzogen ist. Während die geopolitischen Schlagzeilen die Wahrnehmung dominieren und Ängste schüren, zeichnen die Fundamentaldaten ein deutlich robusteres Bild. Amerikas grösste Unternehmen sind nach wie vor auf Wachstumskurs und das trotz aller Unwägbarkeiten.

Quelle: Twitter X: Ben Carlson, @awealthofcs, 17.04.2025
Die fünfte und letzte Grafik zeigt die durchschnittliche Entwicklung des S&P 500 nach starken Kursrückgängen, konkret nach einem Rückgang von 15% oder mehr am Monatsende. Sie basiert auf historischen Daten und analysiert, wie sich der US-Aktienmarkt typischerweise im Anschluss an solche Korrekturen über verschiedene Zeiträume hinweg entwickelt hat. Die Ergebnisse sind bemerkenswert: Nach einem Jahr liegt die durchschnittliche Rendite bei +15%, wobei die Wahrscheinlichkeit, dass der Markt in diesem Zeitraum im Plus schliesst, bei 83% liegt. Über drei Jahre steigt die durchschnittliche Rendite auf +40,7%, mit einer beeindruckenden Erfolgswahrscheinlichkeit von 96%. Nach fünf Jahren liegt die durchschnittliche Performance bei +66,1 %, bei einer 92%igen Wahrscheinlichkeit für positive Renditen. Und über einen Zeitraum von zehn Jahren beträgt die durchschnittliche Gesamtrendite satte +185,9% mit einer Trefferquote von 100%.
Diese Zahlen sprechen eine deutliche Sprache und liefern ein starkes Gegengewicht zur aktuell vorherrschenden Marktpanik. Historisch betrachtet waren Phasen mit starken Rücksetzern, wie wir sie derzeit erleben, oftmals hervorragende Einstiegsgelegenheiten. Ein Rückgang von mehr als 15 % ist nicht zwangsläufig ein Warnsignal für weiteren Verfall, sondern vielmehr ein Hinweis darauf, dass sich genau jetzt attraktive langfristige Chancen eröffnen. Wer in solchen Phasen investiert bleibt oder antizyklisch einsteigt, wurde in der Vergangenheit mit hoher Wahrscheinlichkeit über die Jahre hinweg mit überdurchschnittlichen Renditen belohnt.
Besonders in Kombination mit der vorherigen Grafik, die zeigt, dass die operativen Gewinne der US-Unternehmen stabil bleiben und für die kommenden Jahre sogar weiter steigen sollen, ergibt sich ein deutlich positiveres Bild, als es die aktuelle Marktstimmung vermuten lässt.
Insgesamt unterstreicht diese letzte Grafik die Bedeutung einer langfristigen Perspektive. Während Schlagzeilen und kurzfristige Stimmungslagen oft Angst und Zurückhaltung erzeugen, zeigen die historischen Daten: Rückgänge wie die aktuellen sind kein Zeichen von Chaos, sondern eine Chance. Eine Chance für Investoren, zu günstigen Bewertungen in starke Unternehmen zu investieren und vom langfristigen Erholungspotenzial zu profitieren. Wie Warren Buffett einmal sagte, ist es klug für Investoren, „ängstlich zu sein, wenn andere gierig sind, und gierig zu sein, wenn andere ängstlich sind.“ Diese Philosophie erinnert uns daran, dass gerade in Zeiten der Unsicherheit und des Rückgangs oft die besten Gelegenheiten zum Investieren entstehen, wenn andere zurückhaltend sind, sollte man mutig vorangehen.
Fazit:
Trotz der aktuellen Marktpanik und Ängste, die vorwiegend durch geopolitische Unsicherheiten und Handelskriegsängste geschürt werden, zeigt die tatsächliche Datenlage keinen Grund für solch extreme Besorgnis. Die Unternehmensgewinne der grössten US-Firmen bleiben stabil und wachsen weiterhin, was im Widerspruch zur aktuellen Marktstimmung steht. Historische Daten zeigen, dass Rückgänge wie der jetzige oft Chancen für langfristige Investitionen darstellen. Insgesamt lässt sich sagen, dass die Märkte zwar verunsichert sind, die tatsächlichen Fundamentaldaten jedoch ein viel positiveres Bild liefern.
Zusätzliche Bildquellen: Anfangsgrafik Designed by Freepik
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