Sanfte oder unsanfte Landung? Steigender Ölpreis, Geht die US-Behörde in unbezahlten Urlaub?
Chart der Woche
Quelle: Isabelnet, 16.09.2023
Die Grafik zeigt, welche Finanzmarktindikatoren aktuell für eine sanfte Landung der US-Wirtschaft nach den beispiellosen Zinsanhebungen der US-Notenbank deuten und welche auf eine unsanfte Landung hindeuten.
Aktuell deuten 6 Indikatoren auf eine unsanfte Landung hin und nur drei auf eine sanfte Landung. Weitere sieben Indikatoren geben aktuell kein klares Signal.
Sanfte oder unsanfte Landung?
Die Notenbanken haben die Aufgabe, die Inflation tief zu halten. In den USA kommt die Aufgabe hinzu, für Vollbeschäftigung zu sorgen.
Diese Aufgabe ist nicht einfach. Wenn die Inflation hoch ist, bekämpfen die Notenbanken dies mit höheren Zinsen, um die Wirtschaft abzukühlen. Der volle Effekt einer Zinserhöhung auf die Wirtschaft zeigt sich aber erst 6-8 Monate nach der Zinserhöhung.
Fall es einer Notenbank gelingt, die Wirtschaft so abzukühlen, dass das Wachstum nahe bei null, aber nach wie vor positiv ist, so spricht man von einer sanften Landung. Falls sie die Zinsen zu stark erhöht, kann die Wirtschaft in eine Rezession abrutschen. Das nennt man dann eine harte Landung.
Wie sieht denn die Erfolgsbilanz der Notenbanken in der Vergangenheit aus? Da ist das Bild sehr eindeutig. Seit dem Zweiten Weltkrieg gab es 12 Zinserhöhungs-Zyklen. Dabei ist den Notenbanken nur einmal, und zwar in den 1990er-Jahren, eine sanfte Landung geglückt. Sonst gab es immer eine harte Landung bzw. eine Rezession.
Nichts gegen positives Denken, aber wenn etwas in 11 von 12 Mal nicht funktioniert hat, ist die Wahrscheinlichkeit grösser, dass es aktuell nicht funktioniert.
In den vergangenen Wochen wurden die Anleger etwas realistischer. Mehr Anleger rechnen nun damit, dass eine Rezession wahrscheinlicher ist.
Zu der negativen Stimmung beigetragen hat insbesondere die Pressekonferenz der US-Notenbank und die Aussagen von deren Chef Jerome Powell. Auf die Frage, wie er eine sanfte Landung der Wirtschaft hinbekommen will, meinte er “Das Ziel ist die Inflationsbekämpfung, wenn dazu eine Rezession nötig ist, dann ist das so”. Diese Aussage schlug ein wie eine Bombe und bewirkte ein Umdenken bei vielen Anlegern.
Quelle: YouTube, Mario Lochner. 23.9.2023, Zeitstempel 3.13
Die Grafik zeigt das Stimmverhalten der Mitglieder der US-Notenbank (blaue Punkte). Noch vor einem Monat waren die Punkte für 2024 genau seit gestreut wie für 2025. Jetzt sehen die meisten stimmberechtigten Notenbank-Gouverneure die Zinsen erst Mitte 2024 wieder sinken.
Quelle: Isabelnet, 20.09.2023
Die Grafik zeigt die Zinskurve für Staatsanleihen in den USA. Das veränderte Meinungsverhalten der US-Notenbank führte dazu, dass sich die Zinskurve gegenüber der letzten Woche (blau) generell erhöht hat. Das führte speziell für langlaufende Anleihen zu Verlusten.
Was wir aktuell beobachten, ist ein sehr unübliches Bild. Die inverse Zinskurve scheint sich durch ein "Bear Steeping" auszulösen. Dabei steigen sowohl die langfristigen wie die kurzfristigen Zinsen an.
Quelle: YouTube, Mario Lochner. 23.9.2023, Zeitstempel 11.05
Üblicherweise löst sich die inverse Zinskurve durch ein "Bull Steeping auf",
Quelle: YouTube, Mario Lochner. 23.9.2023, Zeitstempel 10.52
Dabei sinken die langfristigen Zinsen weniger als die kurzfristigen. In den nächsten Wochen wird sich zeigen, ob diese Tendenz anhält oder ob es sich nur um eine Überreaktion zu den Aussagen der US-Notenbank handelt.
Steigender Ölpreis
Was vielen Anlegern zudem Sorgen macht, ist der steigende Ölpreis, der nun wieder bei USD 100 liegt. Bleibt er auf dem Stand, so ist bereits jetzt zu sehen, dass die Inflation wieder ansteigen wird.
Quelle: YouTube, Mario Lochner. 23.9.2023, Zeitstempel 5.24
Die Grafik zeigt, wie stark sich die Inflation in den USA, Europa und UK erhöhen wird, wenn der Ölpreis Ende Oktober bei USD 100 liegen wird. Gegenüber dem Tiefstkurs von Juli 2023 hat der Ölpreis um über 30% zugelegt. Das liegt vor allem am Verhalten der OPEC, die Produktionsmenge zu reduzieren. Hier übernimmt vorwiegend Saudi-Arabien die Führung und spielt damit natürlich in die Hände von Russland, die dringend auf einen höheren Ölpreis angewiesen sind.
Geht die US-Behörde in unbezahlten Urlaub?
Am Wochenende eine Stunde vor Mitternacht konnte die Schliessung aller weniger wichtigen US-Behörden angewendet werden. Das Parlament konnte sich aber nur auf ein Übergangsbudget bis zum 15. November einigen.
Worum geht es hier? Im Frühling als über die Erhöhung der US-Schuldenobergrenze diskutiert wurde, stand auch schon eine Schliessung der Verwaltung zu Debatte. Das war aber ein anderes Thema, das gelöst wurde,
Jetzt geht es um das reguläre Budget der Verwaltung. Das Parlament kann sich auf kein neues Budget einigen. In einem solchen Fall werden alle nicht zentralen Regierungseinheiten eingestellt. Was nicht eingestellt wird, ist Polizei, Krankenhäuser und der grösste Teil des Militärs.
Dass es zu einer solchen Schliessung der Behörden kommt, ist etwas, was es schon relativ oft gegeben hat.
Quelle: Murse, Tom. "All 21 Government Shutdowns in U.S. History." , Feb. 16, 2021, thoughtco.com/government-shutdown-history-3368274.
Die Grafik zeigt tabellarisch alle Schliessungen der Behörden seit 1976 auf. Die meisten Schliessungen dauerten nur einen Tag, aber unter ex-Präsident Trump wurde ein neuer Rekord von 38 Tagen aufgestellt.
Quelle: Axios, April Rubin, "The history of government shutdowns and how long they last"
Die Grafik zeigt ebenfalls die Schliessungen der Behörden in den USA seit 1976 auf. 1977, 1995 und 2018 waren die extremsten Fälle.
In einem ersten Schritt werden die Nationalparks und alle Museen geschlossen. Das ist wohl das Erste, was vieles bemerken. Es trifft aber alle Firmen, die von Staatsaufträgen abhängen oder eine Bewilligung von der Regierung benötigen. All dies ist in einem Shutdown nicht möglich.
Die Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass das US-Bruttoinlandprodukt bei einem Shutdown um 0.2% pro Woche sinkt. Bei einem Monat wären dies 0.8-1%. Viele Marktökonomen erwarten, dass die US-Wirtschaft im Jahr 2023 um 2.1% zulegen wird. Knapp die Hälfte des erwarteten Wirtschaftswachstums wäre also bei einem längeren Shutdown von einem Monat in Gefahr.
Da alle Staatsangestellten in der Zeit keine Lohnzahlung bekommen, würde auch dies ebenfalls den Konsum treffen und dies genau an den Umsatzstärksten Tagen des Jahres, dem Black-Friday am 24. November.
Zusätzliche Bildquellen: Anfangsgrafik Designed by Freepik
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