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martin1060

Marktanalyse - Kalenderwoche 38/2024

Aktualisiert: 3. Okt. 2024

USA senken Zinsen - Beginn einer neuen Phase an den Märkten


Chart der Woche

Quelle: Yardeni Research, 21.09.2024


Die Grafik zeigt die Leitzinsen der Notenbank der USA (blau), Europas (rot), Chinas (grün) und Englands (violett).


Warum das wichtig ist.


Die USA haben letzte Woche die Leitzinsen um 0.5% gesenkt. Sie war die letzte der grossen Notenbanken, die nun auch in den Zinssenkungsmodus umgeschaltet hat. Da die USA die grösste Volkswirtschaft der Welt sind, hat der Zinsentscheid globale Auswirkungen. In Europa oder China ist es durchaus üblich, dass die Zinsen zweimal erhöht und dann wieder gesenkt werden. In den USA ist das anders, schwenkt die US-Notenbank auf eine Zinssenkung oder Erhöhung um, bleibt sie dabei. Zudem ist die letzte erste Zinssenkung vier und die vorletzte 16 Jahre her. Das verdeutlicht das historische Ausmass des Entscheides.


Quelle: Isabelnet, 20.09.2024


Die Grafik zeigt die Erwartungen jedes stimmberechtigten Mitgliedes der US-Notenbank (blauer Punkt). Die Grafik ist bekannt als "Dot Plot". Es wird nicht bekanntgegeben, welches Mitglied, wie abgestimmt hat. Die Grafik ist sehr aufschlussreich, um die Dynamik im Notenbankausschuss zu verstehen. Die violettfarbene Linie zeigt den Durchschnitt der Erwartungen der Notenbankmitglieder und braun die aktuellen Markterwartungen, abgeleitet von den gehandelten Preisen von Termingeschäften.

Per Ende 2024 und 2025 sehen die Märkte aktuell mehr mögliche Zinssenkungen, als sich aus dem Stimmverhalten der Notenbankmitglieder schliessen lässt,



USA senken Zinsen - Beginn einer neuen Phase an den Märkten


Die Notenbanken haben in der Regel die Aufgabe, das Preisniveau bzw. die Inflation tief und stabil zu halten. Was ihre Arbeit sehr anspruchsvoll macht, ist, dass Zinssenkungen oder Zinserhöhungen mit einer Verzögerung von sechs bis zwölf Monaten ihre Wirkung entfalten.

In der Geschichte der US-Notenbank kam es bisher zu 15 Zinserhöhungszyklen, um die Wirtschaft abzubremsen. 14 Mal kam es zu einer Rezession, da die Zinsen zu spät oder zu stark erhöht wurden. Nur einmal, 1995, gelang es, die Wirtschaft zu bremsen und eine Hyperinflation zu verhindern, ohne dass es danach zu einer Rezession kam. Das ist nicht der beste Leistungsausweis.


Die USA sind ein Sonderfall, da hier die Notenbank ein Doppelmandat hat. Sie soll die Inflation tief und stabil halten und für Vollbeschäftigung sorgen. Da der Arbeitsmarkt klar Schwächen zeigt und die Inflation sinkt, war allgemein eine Zinssenkung erwartet worden. Die Frage war nur, wie hoch; 0.25% oder 0.5%.


Weitaus die meisten Marktteilnehmer haben eine Zinssenkung von 0.25% erwartet.

Source : X, Andreas Steno Larsen, @AndreasSteno, 14.09.2024


113 Analysten hatten eine Zinssenkung von 0.25% (25 Basispunkten) erwartet. Eine Senkung von 25 Basispunkten gilt als eine normale Senkung, die in den meisten Fällen vorgenommen wird. Eine Senkung von 50 Basispunkte geschieht nur fast nie.


Quelle: X, Global Markets Investor, @GlobalMktObserv, 19.09.2024


Die Grafik zeigt die Rendite des S&P 500 sechs Monate vor dem ersten Zinsschritt und 12 Monate nach dem ersten Zinsschritt. In Rot sind die Jahre mit einer Zinssenkung von 25 Basispunkten (1995, 1998 und 2019) und in Blau die Jahre mit einer Zinssenkung von 50 Basispunkten eingezeichnet.

Nach einer Zinssenkung von 50 Basispunkten folgte in der Regel eine Marktkorrektur von an die 20% (2001 und 2007).

Die Neue Zürcher Zeitung hat es mit ihrer Schlagzeile auf den Punkt gebracht: "Die US-Notenbank drückt den Panik-Knopf, ohne in Not zu sein."


Powell der Chef der US-Notenbank, hat in der Pressekonferenz folgende Zitate gemacht: "Der Arbeitsmarkt befindet sich in einer soliden Verfassung, und unsere heutige Politik zielt darauf ab, dass dies so bleibt. Die Wirtschaft ist in guter Verfassung. Sie wächst in einem soliden Tempo, die Inflation geht zurück."


Solche Zitate widersprechen der Notwendigkeit eines grossen Zinsschrittes. Powell argumentiert dann auch die zusätzliche Senkung um weiter 25 Basispunkte sein auf Vorrate, um eine Rezession abzuwenden, die bisher nicht zu sehen ist.


Ein kurzer Faktencheck. Zuerst der Arbeitsmarkt:

Quelle: Isabelnet, 21.09.2024


Die Grafik zeigt die Arbeitslosenrate in den USA seit 1960. Die Arbeitslosenrate ist in der Tat historisch gesehen nach wie vor tief, aber die Entwicklung ist besorgniserregend. Dass die Arbeitslosenrate schon 2025 wieder auf 4% sinkt, wie das auch Goldman Sachs erwartet, erachten wir als eher unrealistisch.

Source : X, Carl Quintanilla, @carlquintanilla, 20.09.2024


Die Grafik zeigt die Gewinnentwicklung der Firmen im S&P 500 von 2008 bis heute an (blaue Linie). Zudem sind die Erwartungen für 2024 (grün), 2025 (violett) und 2026 (rot) eingetragen. Die Erwartungen sind nach wie vor sehr positiv und von einer Rezession ist nichts zu sehen. Auch hier hat Powell mit seinen Aussagen recht. Aber es rechtfertigt dennoch nicht eine doppelte Zinssenkung.


Der angesehene Marktbeobachter Markus Koch mit über 150'000 Followern auf YouTube war einer der wenigen, der eine Zinssenkung von 50 Basispunkten vorhergesehen hat. Er argumentiert, dass die Notenbank jetzt einen Fed-Put ausgelöst hat. Das heisst eine ultimative Absicherung der Aktienkurse gegen Kursverluste. Vergleichbar mit der Aussage des ehemaligen EU-Notenbankchefs Mario Dragi am 26. Juli 2012 "Im Rahmen unseres Mandats ist die EZB bereit, alles Notwendige zu tun, um den Euro zu erhalten. Und glauben Sie mir, es wird genug sein.“ ,der in die Geschichte eingegangen ist. Wir denken aber, dass diese Interpretation zu positiv ist.


Die Notenbank versucht eine Rezession zu verhindern und ein Soft-Landing zu erreichen, als eine Abkühlung der Wirtschaft und sinkende Inflation, ohne dass es zu einer Rezession kommt.


Source : X, Global Markets Investor, @GlobalMktObserv, 14.09.2024


Die Grafik zeigt den Erfolg der US-Notenbank in den vergangenen 45 Jahren. Fünfmal gab es eine Rezession und nur einmal ein Soft Landing. Die schwarzen Balken in der Mitte der Grafik zeigen, ob das Quartals-Bruttosozialprodukt der USA gestiegen oder gesunken ist. In einer Rezession sinkt das Bruttosozialprodukt und die Firmen schreiben Verluste. Aktuell scheinen wir in der Tat gut unterwegs zu sein. Wie die Grafik oben zeigt, wird immer noch mit steigenden Firmengewinnen gerechnet. Aber vor jeder Rezession stand die Hoffnung auf ein Soft Landing. Die Anleger wurden meist enttäuscht.


Reaktion der Märkte


Nach der Bekanntgabe der Zinssenkung sind die Aktienmärkte gestiegen, haben aber im weiteren Tagesverlauf fast alle Gewinne verloren. Am Donnerstag konnten insbesondere die Technologiewerte um 2% zulegen. Gerade Wachstumswerte profitieren am meisten von günstigeren Zinsen. Am Freitag verlor die Börse aber wieder 1.5%. Da setzte sich die oben geschilderte negative Betrachtung durch.

Die Marktteilnehmer sind sich bisher nicht wirklich klar, wie man diese Doppel-Zinssenkung interpretieren soll.


Auswirkungen auf die Anlagepolitik


Zinswenden sind der einzige Zeitpunkt, in dem man die exakte Position im langfristigen Wirtschaftszyklus bestimmen kann.


Quelle: Marmot


Die erste Zinserhöhung erfolgt dann, wenn der Optimismus zu gross wird und die Inflation stark ansteigt. Die erste Zinssenkung erfolgt dann, wenn der Optimismus, dass die Wirtschaft sich aus eigenen Kräften erholen kann, schwindet.


Es gibt verschiedene Untersuchungen, welche Asset-Klassen am besten Performen nach einem Zinsschritt:


Source : X, David Marlin, @Marlin_Capital, 15.09.2024


Die Grafik zeigt eine Untersuchung von Goldman Sachs. Sowohl in den nächsten drei als auch zwölf Monaten schneiden Mid Caps am besten ab. Also mittelgrosse Firmen, die nicht in den grossen Hauptindizes vorhanden sind.


Source : X, ISABELNET, @ISABELNET_SA, 20.09.2024


Die Grafik zeigt eine Untersuchung der Bank of America, wie kleine Firmen (Small Caps) gegenüber grossen Firmen (Large Caps) abschneiden. Bei einem Wert über der Nulllinie schneiden Small Caps besser ab.

Erst ca. 12 Monate nach dem ersten Zinsschritt lohnt es sich, in Small Caps zu investieren. Das liegt daran, dass wenn es eine Rezession gibt, bei kleinen Firmen die höchste Gefahr besteht, dass sie Konkurs gehen. Wenn sich dann ein Ende der Rezession abzeichnet, haben diese Titel dann aber das grösste Out-Performance-Potenzial.

Source : X, ISABELNET, @ISABELNET_SA, 20.09.2024


Die Grafik zeigt eine Untersuchung von Bloomberg über mehrere Assetklassen. Einen Monat nach der ersten Zinssenkung erzielt man in Substanzwerte (Value) und Anleihen. Ab ca. 6 Monaten sollte man beginnen, sich in Aktien kleiner Firmen zu positionieren und diese Position dann langsam aufzubauen. Zusätzlich sollte man dann in sechs bis zwölf Monaten nicht verpassen, Substanzaktien (Value) von grossen Firmen abzubauen.


Wir sind bereits seit einiger Zeit in konservative Substanztitel investiert und halten einen eher hohen Bargeldbestand. Wir überlegen uns auch bereits jetzt in gute aktive Mid-Cap Manager zu investieren. Aber für aggressive Wetten im Wachstumsbereich ist jetzt nicht die ideale Zeit.






Zusätzliche Bildquellen: Anfangsgrafik Designed by Freepik


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