Gründe für die Marktkorrektur der letzten Wochen und wie es weitergeht.
Chart der Woche
In den vergangenen Wochen kam es an den Börsen zu einer stärkeren Korrektur. Wenn man die Presse liest, bekommt man das Gefühl, dass dies etwas sehr Aussergewöhnliches sei.
Quelle: Tradingview, Marmot
Die Grafik zeigt die Rendite der 50 grössten Aktien in Europa (Euro Stoxx 50) seit 2020. Rot markiert die aktuelle Korrektur und schwarz markiert vergleichbare Korrekturen der letzten 4 Jahre.
Das Fazit ist klar: Die Korrektur ist nicht etwas Alltägliches, aber wenn man die letzten vier Jahre anschaut auch nichts Aussergewöhnliches.
Warum das wichtig ist
Die Presse ist immer dafür besorgt, Schlagzeilen zu generieren, die möglichst viele Leser anziehen. Darum war auch der Einbruch in Japan vor zwei Wochen der grösste Punkteverlust des japanischen Aktienindex, seit der Index berechnet wird. Das stimmt schon, aber bei Weitem nicht der grösste prozentuale Verlust, den es je gab. Es lohnt sich, solche Schlagzeilen immer zu hinterfragen.
Korrektur an drei Fronten
Es kamen 3 Auslöser zusammen, die für die Korrektur sorgten. Das allerdings ist sehr außergewöhnlich:
Zinserhöhung in Japan:
Nach 17 Jahren wurden in Japan zum ersten Mal die Zinsen erhöht. In den letzten Jahren waren die Zinsen faktisch bei 0%. Es ist klar, dass eine solche Zinserhöhungen zu Verwerfungen führt. Viele Hedgefonds haben in Japan zu 0% aufgenommen und das in Aktien oder Staatsanleihen in den USA angelegt. Man nennt das den “Carry-Trade”. Aufgrund der Zinserhöhung hat der Wechselkurs stark zugelegt. Die Hedgefonds waren zum Teil gezwungen, ihre Positionen zu verkaufen. Nach dem grössten Punkteverlust im japanischen Aktienindex seit seinem Bestehen, war die japanische Notenbank bemüht, die Märkte wieder zu beruhigen, was zu einer partiellen Erholung geführt hat.
In den vergangenen Tagen kursierte ein Bericht der Bank JPMorgan, der davon spricht, dass 3/4 aller Carry-Trade Positionen in wenigen Tagen liquidiert wurden. Das erscheint uns viel zu hoch. Wir schätzen die Zahl maximal auf 1/3. Nach einer ersten Beruhigung der Märkte wird der Prozess weitergehen. Die Zinswende wird mittelfristig zu einem höheren Yen führen und Carry-Trades unattraktiv machen.
2. Schlechter Konjunkturausblick der Chip-Hersteller
In der letzten Woche haben fast alle grossen Technologiefirmen in den USA ihre Gewinne für das zweite Quartal 2024 bekannt gegeben. Die meisten konnten die Erwartungen erfüllen (ausser einige Chiphersteller wie AMD oder Intel), aber in den dazu folgenden Pressekonferenzen zeichneten viele ein negatives Bild und gaben an, in diesem Tempo nicht weiter wachsen zu können. Es kam zu starken Abgaben bei den Technologiewerten.
Intel führte die Verliererliste an. Seit dem Höchststand im letzten November hat die Aktie nun über 60% eingebüsst. Bei NVIDIA, dem Börsenliebling der letzten Jahre, brach der Börsenkurs seit dem Höchststand im letzten Mai um vergleichsweise wenige 35% ein. Google traf es mit einer Korrektur von 20%, Microsoft und Apple je 18%.
Das es nach solch grossen Verlusten zu einer Gegenreaktion nach oben kommt, ist normal. Sie meisten Technologiewerte haben dann auch 1/3 bis die Hälfte der Verluste wieder aufgeholt.
Im Vergleich dazu, Banken wie BlackRock verloren in der turbulenten Phase gerade mal 7% und haben fast alles wieder aufgeholt.
Der folgende Abschnitt haben wir aus dem Marktbericht von vor den Sommerferien entnommen: Die Finanzmärkte sind nicht immer einfach zu verstehen, dennoch gelten auch auf diesem Markt einfach Zusammenhänge, die für jeden Markt gelten. Kurse steigen so lange, wie mehr Leute kaufen, als verkaufen.
Vereinfacht gesagt gibt es sechs Investorenklassen, die meist zu unterschiedlichen Zeitpunkten in einen Trend investieren:
Hedge Fonds
Institutionelle AnlegerInnen
Pensionskassen
Banken für Anlagemandate
Informierte PrivatanlegerInnen
Blick-Leser, Taxifahrer
Quelle: Marmot
Zu den ersten Investoren gehören grösstenteils Hedgefonds, darauf folgen grosse institutionelle Investoren. Bis Privatinvestoren auf den Trend aufmerksam werden und in den Zeitungen darüber lesen, ist ein grosser Teil des Trend bereits vorbei. Privatinvestoren investieren oft zu spät in einen Trend und verkaufen auch zu spät und machen so die grössten Verluste (roter Pfeil).
Wenn wir dieses theoretische Konzept auf die aktuelle Marktsituation anwenden, so stimmt das nicht gerade positiv. Die grossen Investoren in den USA müssen regelmässig der Finanzbehörde ihre Transaktionen offenlegen, die diese dann veröffentlicht. Es wurde nun bekannt, dass etwa die Anlagelegende George Soros kurz vor der Korrektur massiv Aktien verkaufte. Warren Buffett hat seine Position in Apple halbiert. Der Gründer von NVIDIA, Jensen Huang, hat vor der Korrektur Aktien der Firma im Wert von USD 500 Millionen verkauft. Die Liste liesse sich noch beliebig erweitern.
Noch ein noch klareres Zeichen, dass wir uns im Diagramm oben in der Korrekturphase bei der Nummer 2 befinden ist fast nicht möglich.
Quelle: X, Lance Roberts, @LanceRoberts, 15.08.2024
Die Grafik zeigt die Aktivität der Privatinvestoren (hellblau) und den Kursverlauf des S&P 500 seit 2023. In der aktuellen Korrektur haben Privatinvestoren, die die Technologierallye verpasst haben, die günstigen Kurse genutzt, um einzusteigen und auch noch reich zu werden.
Wem trauen sie mehr? Legendären Investoren wie Warren Buffett, Firmengründer Jensen Huang (die gigantische Gewinne gemacht haben) oder den Privatinvestoren (die noch hoffen Gewinne zu machen).
Für uns ist die Lage klar. Wir nutzen die Stärke in den Technologieaktien, um weiterer Positionen zu verkaufen.
3. Schwache Konjunktur in den USA
Ein weiterer Auslöser der Marktkorrektur waren die Arbeitsmarktzahlen in den USA. Es wurden viel weniger neue Stellen geschaffen als erwartet. Es kamen Rezessionsängste auf. Gerade eine Woche davor hat die Notenbank die Zinsen stabil gelassen und die nächste Konferenz der Notenbank ist erst im September. Es dauert also lange, bis die Notenbank wieder reagieren kann.
Noch eine Woche vor der Korrektur zeigte eine Umfrage unter den institutionellen Anlegern, dass 90% damit rechnen, dass es keine Rezession gibt. Fast alle wurden also mit den schlechten Arbeitsmarktzahlen auf dem falschen Fuss erwischt. Es fand und findet ein Umdenken statt.
Auch hier, wie Japan, hat die Notenbank verbal beruhigt. Sie würden die Märkte konstant beobachten und einschreiten, wenn nötig. Die Frage, ob auch ein Zinsschritt vor der nächsten Sitzung im September möglich sei, wurde aber nicht beantwortet.
Auch hier haben sich die Märkte beruhigt und es kam zu einer Erholung. Dies aber darum, weil die Inflationszahlen weiter stark sinken. Unser erster Marktbericht 2024 hatte den Titel "Man sollte vorsichtig sein, was man sich wünscht.
Der Weg scheint offen für eine Zinssenkung der US-Notenbank, was positiv ist. Aber der Grund ist eine Wirtschaft, die kurz vor einer Rezession steht. Die Vergangenheit zeigt, die negativen Auswirkungen auf die Aktienkurse einer Rezession, sind wesentlich höher als die positiven Effekte einer kleinen Zinssenkung.
Quelle: X, Lance Roberts, @LanceRoberts, 15.08.2024
Die Grafik zeigt die US Real Prime Rate. Der reale Leitzins ist der inflationsbereinigte Zinssatz, den die Banken von ihren kreditwürdigsten Kunden verlangen. Sich zu verschulden ist so teuer und unattraktiv wie letztes Mal 2007. Die hohen Zinsen würden jede Fremdfinanzierung um zu Wachen ab. Da braucht es 2-3 Zinssenkungen, bevor die Firmen sich wieder beginnen zu verschulden, um das zukünftige Wachstum zu finanzieren.
Unser Fazit ist auch hier, eine Korrektur bei den Firmen mit hohen Krediten oder bei Firmen, die stark auf Fremdfinanziertes Wachstum setzten, wird weitergehen. Die Auferstehung von Substanztitel hat erst begonnen.
Zu den drei Auslöser für die Marktkorrektur gesellen sich noch zwei weitere nicht sehr positive Entwicklungen.
Was macht Iran? Wie stark wird der Vergeltungsangriff auf die Ermordung des Hamas Führers sein? Die Reaktion des Iran hat das Potenzial, die ganze Region ins Chaos zu stürzen und zu einer Explosion des Ölpreises zu führen. Zuerst mal abzuwarten, was dort geschieht, ist auch ein guter Ratschlag. Sollte die Antwort des Iran behutsam sein, kann es gut sein, dass die Börse am nächsten Tag 3-4% steigt. Das hätte man dann verpasst. Aber dafür hat man Sicherheit, wenn die Antwort unbesonnen ist und die Börse dann an einem Tag 3-5% sinkt.
Was ist los in China? Die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt kommt nicht vom Fleck. Die Immobilienkrise ist bisher nicht überstanden und hemmt die Kauflust der Chinesen.
Quelle: X, Robin Brooks, @robin_j_brooks, 15.08.2024
Die Grafik zeigt den Handelsbilanzüberschuss von China in den ersten 7 Monaten des Jahres. Der Saldo ist jetzt schon auf Rekordniveau und wird bis Ende Jahr noch weiter zunehmen. In China wird weiter produziert wie wild, aber nichts (aus dem Ausland) konsumiert. Für die Aussicht von Firmen in den USA und Europa, die stark auf Exporte ausgerichtet sind, kein gutes Zeichen.
Fazit:
Was soll man in Phasen tun, in denen die negativen Prognosen überwiegen? Alles Verkaufen?
Die grosse Herausforderung für Anlegerinnen, die jetzt verkaufen, ist es, zu einem günstigeren Preis wieder einzusteigen. Anlegerinnen, die jetzt verkaufen, schauen oft einige Wochen nicht an den Markt und müssen dann zu höheren Preisen einsteigen, als sie verkauft haben.
Wer unseren Ratschlag der letzten Berichte befolgt und in stabile Aktien mit einem konservativen Geschäftsmodell und tiefen Schulden investiert hat, muss jetzt nicht viel befürchten. Auch diese Titel verlieren etwas an Wert, aber massiv weniger als die Technologieaktien. Das sind Aktien wie Nestlé oder Coca-Cola.
Wer bisher nicht alles investiert hat, ist auch gut beraten, noch etwas zu warten.
Zusätzliche Bildquellen: Anfangsgrafik Designed by Freepik
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