Marktanalyse - Kalenderwoche 29/2024
- martin1060
- 23. Juli 2024
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 24. Juli 2024
Technologieaktien: Trendwende oder Bärenfalle? US-Wahlen - Karten werden neu gemischt.

Chart der Woche

Quelle: X, Evan, @StockMKTNewz, 26.06.2024
Nach dem letzten Marktbericht über Künstliche Intelligenz erreichten uns viele Fragen, warum dieser Trend so energieintensiv ist. Die Grafik zeigt, wie dieses Datencenters aufgebaut sind und welche Firmen dazu Produkte anbieten.
Warum das wichtig ist
Alle von uns haben einen Computer oder Notebook. Wenn es im Sommer heiss wird, kann der Lüfter schon mal stark aufheulen. Computerchips werden heiss und müssen gekühlt werden. In Datencenters stehen dutzende oder hunderte Servers, in denen dutzende Racks mit mehreren CPUs enthalten sind. So kommen hunderte bis tausende CPUs zusammen. Die Räume mit den Servern müssen auf 15 bis 22 Grad Celsius gekühlt werden. Das braucht grosse Mengen an Strom.
Auch hier gibt es innovative Ideen. Wo gekühlt wird, entsteht Wärme. Diese Abwärme kann für Warmwassererzeugung der umliegenden Siedlungen verwendet werden.
Technologieaktien: Trendwende oder Bärenfalle?
In der letzten Woche kam es zum Teil zu heftigen Korrekturen bei Technologieaktien. Die Korrektur wurde ausgelöst durch die Firma ASM, ein Chiphersteller. Die publizierten Geschäftsresultate waren tiefer als erwartet und der in der Pressekonferenz wurde ein wenig optimistischer Ausblick gegeben. Das führe zu einer Neubewertung vieler Technologieaktien.
Seit dem 10. Juli ist NVIDIA um 12%, Microsoft um 8%, ASM um fast 20%. NVIDIA hatte am 17. Juli den grössten Tagesverlust, der je bei der Aktie beobachtet wurde.
Da stellt sich die Frage, ob das jetzt die Trendwende ist, die alle seit Langem erwarten oder eine sogenannte Bärenfalle. Viele Anleger stellen sich nun auf tiefere Kurse ein. Diese werden Bären genannt. Die Investoren, die jetzt auf tiefere Kurse setzen, könnten aber auf dem falschen Fuss erwischt werden, wenn sich die Aktien erholen und auf neue Höchststände gehen. Das ist dann eine Bärenfalle.
Die Finanzmärkte sind nicht immer einfach zu verstehen, dennoch gelten auch auf diesem Markt einfach Zusammenhänge, die für jeden Markt gelten. Kurse steigen so lange, wie mehr Leute kaufen, als verkaufen.
Vereinfacht gesagt gibt es sechs Investorenklassen, die meist zu unterschiedlichen Zeitpunkten in einen Trend investieren:
Hedge Fonds
Institutionelle AnlegerInnen
Pensionskassen
Banken für Anlagemandate
Informierte PrivatanlegerInnen
Blick-Leser, Taxifahrer

Quelle: Marmot
Zu den ersten Investoren gehören grösstenteils Hedgefonds, darauf folgen grosse institutionelle Investoren. Bis Privatinvestoren auf den Trend aufmerksam werden und in den Zeitungen darüber lesen, ist ein grosser Teil des Trend bereits vorbei. Privatinvestoren investieren oft zu spät in einen Trend und verkaufen auch zu spät und machen so die grössten Verluste (roter Pfeil).
Hedgefonds und institutionelle Anleger kaufen oft zuerst und verkaufen auch zuerst und machen hohe Gewinne (grüner Pfeil).
Was wir aktuell sehen ist, dass erste Verkäufe von institutionellen mit hohen Volumen auf zu wenig Nachfrage von Privatkunden trifft (schwarzer Pfeil). Das sorgt für die grossen Tagesverluste.

Quelle: X, John Boik, @monsterstocks1, 06.06.2024
Der Artikel von Investor's Business Daily fasst am Beispiel von Tesla und SMC hervorragend zusammen, wie solche grossen Tagesverluste einzuordnen sind. Solche grossen Tagesverluste sind ein klares Zeichen, dass wir uns am Ende des Aufwärtstrends befinden. Es kann nochmals zu neuen Allzeithöchstständen kommen, aber die Dynamik des Aufwärtstrends ist gebrochen.
US-Wahlen - Karten werden neu gemischt.
Zuerst das Attentat auf Trump, jetzt der Rücktritt von Biden als Kandidat und Kamala Harris als höchstwahrscheinliche neue Kandidatin und mögliche Nachfolgerin. Damit kommt in Reichweite, dass die USA das erste Mal in der Geschichte eine Frau an der Spitze hat.
Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg. Die Wahlstrategen und ihre Teams müssen schon wieder alle Pläne umstellen und sich komplett neu erfinden. Die Demokraten müssen nun einen perfekten Wahlkampf hinlegen, um Trump abzufangen.
Dazu ist wichtig, dass sie sich so schnell wie möglich hinter Kamala Harris als Nachfolgerin vereinen. Wenn sich bis zum offiziellen Parteigag der Demokraten in vier Wochen die möglichen Kandidaten der demokratischen Partei gegenseitig zerfleischen, hilft das nur Trump.
Nach ersten Umfragen zu den US-Wahlen liegen Trump und Harris fast gleich auf, Trump ist aber bei allem Umfragen an der Spitze:

Quelle: The New York Times, 23.07.2024
Die Grafik zeigt die ersten Umfragen der US-Wahlen, die für das Duell Harris gegen Trump durchgeführt wurden. Auf der Homepage der New York Times sieht man auch eine gute Zusammenfassung aller aktuellen Umfragen. Die Umfragen sind mit Punkten (rot und blau) dargestellt. Die rote und blaue Linie ist der Durchschnitt der Umfragen.
Kamala Harris hat den Vorteil, dass sie alle kennen, aber den Nachteil, dass man nicht wirklich weiss, wofür sie steht. Sie hat sich in den letzten 3.5 Jahren als Vizepräsidentin mit eignen Meinungen sehr zurückgehalten und hat die Politik von Joe Biden unterstützt. Man geht aktuell davon aus, dass sie die Politik von Harris sich stark an der von Biden orientiert. Dazu werden aktuell Punkte vorgebracht wie die strenge Regulierung von Kryptowährungen oder stark höhere Steuern, die sie im Wahlkampf vor vier Jahren vertrat. Ob das aktuell noch der Fall ist, wird sich zeigen.
Kamala Harris hat einen gemischten Leistungsausweis. Sie hat eine bemerkenswerte Karriere als Generalstaatsanwältin hingelegt, der sie bis in den Senat brachte. Seit sie Vizepräsidentin ist, ist der Leistungsausweis weniger positiv. Biden hat ihr die Aufgabe der Migrationspolitik übertragen, in der sie sich nicht profilieren konnte. Anderseits konnte sich Harris nach dem Bundesgerichtsurteil gegen die Abtreibung als Vertreterin für Frauenrechte einen Namen machen.
Was bedeuten nun die beiden Kandidaten für die Wirtschaft:
Trump:
Senkung der Firmensteuern um 10%
Einführung auf einer Importsteuer von 10%
Da sie die beiden Massnahmen oben nicht die Waage halten: stark höhere Verschuldung
Massive Verschärfung im Migrationsbereich, tendenziell höhere Löhne und Kosten für Firmen.
Härtere Haltung gegenüber China
Abbau von Regulation im Umweltbereich
Ende des Krieges in der Ukraine innert 24 Stunden
Zulassung von weiteren Möglichkeiten im Kryptobereich
Harris:
Gerechtere Besteuerung
Tendenziell höhere Steuern für Firmen und Reiche. Entlastung der Armen
Keine Lockerung der Regulierung im Umweltbereich
Strengere Regulierung im Kryptobereich
Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland
Die Liste für die Standpunkte von Harris ist noch kurz, aber dürfte sich in den nächsten Wochen konkretisieren.
Tendenziell stehen republikanische Präsidenten für mehr Freiheiten für die Wirtschaft und tiefere Steuern und demokratische Regierungen für mehr Regulierung. Die oben erwähnten Standpunkte unterstützen diese generelle Sicht.
Die Börse hatte sich schon vor zwei Wochen auf Trump als Präsident eingestellt und hatten entsprechend zugelegt. Das Wiedererstarken der Demokraten dürfte einen Teil der Gewinne infrage stellen. Wir gehen daher von zusätzlichem Abwärtsdruck an den Märkten aus. Bisher hat die Börse erstaunlich ruhig auf den Kandidatenwechsel reagiert.
Anders ist es in Europa. Trump weckt mit den Friedensplänen mit Putin und der Distanz zur NATO grosse Ängste. Das Wiedererstarken der Demokraten hat für Erleichterung und steigende Aktienmärkte gesorgt.
Für die Zukunft in Amerika ist aber nicht nur der Ausgang der Präsidentschaft wichtig, sondern auch die Wahlen im Senat.

Quelle: 270towin.com, 23.07.2024
Die Grafik zeigt die aktuelle Prognose für den Senat. Von den 100 Sitzen stehen 34 zur Wahl. Aktuell halten die Demokraten 51 Sitze und die Republikaner 49. Die Prognose geht aktuell davon aus, dass der Senat eine republikanische Mehrheit bekommt. Die beiden Staaten Ohio und Montana gelten als die umkämpftesten. Trump hat mit seinem Vize JD Vance, dem Senator aus Ohio, schon klar Stellung bezogen. Für Harris würde sich daher ein Vize aus Montana anbieten.
Falls Harris gewinnt, würde ihr wohl ein republikanischen Senat gegenüberstehen. Sie wäre vom ersten Tag auf Kompromisse mit den Republikaner angewiesen.
Wir richten unsere Anlagepolitik nicht explizit auf Harris oder Trump aus. Wir schauen auf die Entwicklung der Inflation bzw. Politik der Notenbank und auf die Entwicklung der Firmengewinne.
Wir behalten unsere vorsichtige Anlagepolitik mit Fokus auf Substanzaktien (Value) bei und denken, dass diese Ausrichtung auch in politisch turbulenten Zeiten überlegen ist.
Sommerpause
Mit diesem Bericht verabschieden wir uns in die Sommerpause. Normalerweise gibt es in den Sommermonaten wenige Neuigkeiten, die den Markt bewegen.
Zusätzliche Bildquellen: Anfangsgrafik Designed by Freepik
Disclaimer:
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