Marktanalyse - Kalenderwoche 11/2025
- martin1060
- 20. März
- 6 Min. Lesezeit
China, erwacht der schlafende Drache?

Chart der Woche

Quelle: YouTube, Mario Locher, 01.3.2025, Zeitstempel 17.47
Die Grafik zeigt die Entwicklung des USD-Index, des Ölpreises und der Zinsen (10-Jahres-Staatsanleihen) seit dem Amtsantritt von Trump als US-Präsident.
Warum das Wichtig ist.
Trump will tiefere Zinsen, tiefere Inflation und einen tieferen USD. Auch wenn das Vorgehen und die Massnahmen von Trump, vorsichtig formuliert, unkonventionell sind, hat er sein Ziel bisher erreicht.
China, erwacht der schlafende Drache?

Quelle: Marmot, 15.03.2025
Die Grafik zeigt die Rendite vom Aktienmarkt in den USA (grün), Global (blau), Europa (orange) und China (gelb). Seit 2021 hat sich die Anlage in Aktien in China nicht gelohnt. In den letzten Jahren haben fast alle Anleger von chinesischen Aktien ihre Anlagen abgebaut. Fast keine Anleger sind noch in chinesische Aktien investiert.

Quelle: Statista, China: Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts
Die Grafik zeigt die jährliche Veränderung des Bruttoinlandsprodukts in China seit 1980. Die goldenen Jahre mit einem Wachstum von über 10% sind lange vorbei. Seit 2010 nimmt das Wachstum stetig ab. Im Vergleich zu den US oder Europa ist ein Wachstum von 5% immer noch gut, aber die Entwicklung zeigt die tiefe Veränderung in China. Die hohen Wachstumsraten waren nur mit massiven Investitionen in die Infrastruktur möglich. Die sinkenden Wachstumsraten zeigen auf, dass China sich von einer Investitionsgesellschaft in eine Konsumgesellschaft wandelt.

Quelle: Twitter X: Christophe Barraud, @C_Barraud, 15.02.2025
Die Grafik zeigt die ausländischen Nettoinvestitionen in China (schwarze Linie). Seit 2021 sind diese massiv eingebrochen. Ausländische Firmen investieren nicht weiter in China.

Quelle: The Stepstone Group, Chinas Wirtschaft, 4.10.2024
Die Grafik zeigt den Anstieg der Arbeitslosenrate für 16-24 jährige. Nachdem die Rate 2023 auf über 20% gestiegen war, hat die chinesische Regierung die Methode geändert. Jetzt ist sie zwar tiefer aber steigt weiter rasant an. Unter den Jungen herrscht eine grosse Unsicherheit und Ratlosigkeit.
Zu allen diesen negativen Entwicklungen kommt die Immobilienkrise. Die Immobilienkrise in China, die durch die Überschuldung großer Bauträger wie Evergrande ausgelöst wurde, hat weitreichende Folgen für die Wirtschaft, das Konsumverhalten und die Gesellschaft.
Über Jahre hinweg war der Immobiliensektor einer der wichtigsten Wachstumsmotoren des Landes. 70% der Ersparnisse des Mittelstandes waren in Immobilien angelegt.
Doch durch exzessive Kreditaufnahmen und spekulative Investitionen gerieten viele Unternehmen in eine finanzielle Schieflage. Die 2020 von der Regierung eingeführte Regulierung, die als „drei rote Linien“ bekannt wurde, sollte die Überschuldung der Immobilienentwickler begrenzen. Doch anstatt einer geordneten Konsolidierung führte sie dazu, dass viele Bauträger keine neuen Kredite mehr erhielten und in Liquiditätsprobleme gerieten. Dies führte dazu, dass tausende Bauprojekte ins Stocken gerieten, Käufer auf unfertigen Wohnungen sitzen blieben und das Vertrauen in den Markt massiv erschüttert wurde.

Quelle: The Stepstone Group, Chinas Wirtschaft, 4.10.2024
Die Grafik zeigt die Entwicklung der Immobilienpreise für Wohnliegenschaften (blau) und wie viele Städte ein positives Wachstum aufweisen. Die Immobilienpreise sind im Sinkflug und keine Stadt in China weist positive Tendenzen auf.
Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Immobilienkrise sind enorm. Da der Immobiliensektor direkt und indirekt bis zu 30 Prozent des chinesischen Bruttoinlandsprodukts ausmacht, führte der Einbruch in dieser Branche zu einem spürbaren Rückgang des Wirtschaftswachstums. Besonders betroffen sind auch Zulieferindustrien wie Stahl, Zement oder Möbel, die eng mit dem Baugewerbe verbunden sind. Gleichzeitig gerieten Banken unter Druck, da viele von ihnen hohe Kredite an Immobilienentwickler vergeben hatten. Durch die zunehmenden Zahlungsausfälle stieg die Zahl fauler Kredite, was wiederum die Stabilität des Finanzsystems gefährdete.
Auch das Konsumverhalten der chinesischen Bevölkerung hat sich aufgrund der Krise stark verändert. Da Immobilien für viele Chinesen eine der wichtigsten Formen der Vermögensbildung sind, führte der Wertverfall vieler Wohnungen zu grossen finanziellen Verlusten. Die Unsicherheit über die eigene wirtschaftliche Zukunft liess viele Menschen vorsichtiger werden. Sie begannen, ihre Ersparnisse zurückzuhalten, anstatt sie für Konsumgüter, Reisen oder grössere Anschaffungen auszugeben. Besonders der Einzelhandel und die Automobilbranche spüren die Zurückhaltung der Verbraucher deutlich.

Quelle: Twitter X: Mohamed A. El-Erian, @elerianm, 09.03.2025
Die Grafik zeigt die Entwicklung der Produzentenpreise (schwarz), der Konsumpreise (gelb) und des Wachstums des Bruttoinlandproduktes (hellblau). Seit zwei Jahren befindet sich China in einer Deflation.
Doch nicht nur wirtschaftlich, sondern auch gesellschaftlich hinterlässt die Krise tiefe Spuren. In vielen Städten kam es zu Protesten von Wohnungskäufern, die jahrelang auf die Fertigstellung ihrer Immobilien warteten. Einige von ihnen weigerten sich sogar, ihre Hypotheken weiter zu bedienen, was den Druck auf Banken weiter erhöhte. Die Arbeitslosigkeit in der Bau- und Immobilienbranche stieg massiv an, was insbesondere für Wanderarbeiter und junge Absolventen schwerwiegende Folgen hatte.
Um die Krise zu entschärfen, hat die chinesische Regierung eine Reihe von Massnahmen ergriffen. So wurden die Zinsen gesenkt und Banken dazu angehalten, Kredite günstiger und in grösserem Umfang zu vergeben. Gleichzeitig griffen einige lokale Behörden ein, indem sie Bauträger finanziell unterstützten oder unfertige Bauprojekte aufkauften. Um langfristig für mehr Stabilität zu sorgen, setzt die Regierung vermehrt auf den Ausbau von erschwinglichen Mietwohnungen, um so eine Alternative zum spekulativen Kauf von Immobilien zu schaffen. Zudem wurden Vorschriften gelockert, sodass Käufer mit geringeren Anzahlungen und besseren Kreditkonditionen leichter an Wohnungen kommen.
Trotz dieser Massnahmen bleibt das Vertrauen in den Immobilienmarkt erschüttert. Die Krise hat deutlich gemacht, dass China sich nicht mehr allein auf den Bausektor als Wachstumsmotor verlassen kann.
Die Regierung steht nun vor der Herausforderung, ein neues Wirtschaftsmodell zu entwickeln, das weniger auf Immobilien und mehr auf Innovation, Technologie und Binnenkonsum setzt. Doch bis sich diese Umstrukturierung vollzieht, werden die Nachwirkungen der Immobilienkrise das Land noch über Jahre hinweg beschäftigen.
Bei all diesen negativen Entwicklungen mag man sich fragen, warum wir hier eigentlich über China sprechen. Gerade eine solche Situation kann aber ein guter Einstiegspunkt sein. Bereits wenige positive Meldungen können einen grossen Effekt haben.
Oder um Warren Buffett zu zitieren: "Sei gierig, wenn andere ängstlich sind."

Quelle: The Stepstone Group, Chinas Wirtschaft, 4.10.2024
Die Grafik zeigt die Entwicklung des Bausektors. Seit fast einem Jahr ist eine Erholung zu beobachten, sowohl bei den Baubeginnen (rote Linie) als auch bei den im Bau befindlichen Wohnungen (blaue Linie). Ob diese Erholung nachhaltig ist, muss sich noch zeigen.
Handelskrieg der USA mit China
Die ersten Scharmützel haben begonnen, aber eskaliert ist der Handelskrieg zwischen den USA und China bisher nicht. Das ist darum erstaunlich, da China wohl eines der Länder mit dem grössten Handelsdefizit mit den USA ist.
Einer der Gründe mag wohl sein, dass sich Trump mal die einfacheren und vermeintlich schwächeren Gegner abarbeitet, bevor er zum Hauptziel übergeht.
China hat in einer Auseinandersetzung mit den USA durchaus gute Karten. Viele Rohstoffe, die für die Energiewende oder für wichtige Elektronik verwendet werden, kommen zu 90% aus China.

Quelle: Twitter X: Evan, @StockMKTNewz, 18.02.2025
Die Grafik zeigt, für welche Länder im Jahr 2000 die USA oder China der grösste Handelspartner waren. Das waren mehrheitlich die USA.
Die Weltkarte darunter zeigt die gleiche Frage, aber für 2024. Für die meisten Länder ist mittlerweile China der grösste Handelspartner. Der Einfluss der USA nimmt weltweit ab.
Fazit:
China ist nicht tot. Es mehren sich die Anzeigen, dass die Immobilienkrise bald vorüber ist und der grösste Hemmschuh für die weitere Entwicklung für China wegfällt.
Sehr positiv waren auch die Verlautbarungen nach dem Jahreskongress, dass China nun vermehrt den Konsum stützen will und nicht mehr allein auf Investitionen setzt.
Ein sich verschärfender Handelskrieg lässt uns aber nach wie vor vorsichtig sein. Der Handelskrieg zwischen den USA und China hat noch nicht richtig begonnen. Sehr risikofreudige Anleger können bereits jetzt in China einsteigen, aber etwas vorsichtige Anleger warten noch auf Rücksetzer in einem Handelskrieg.
Chinesische Aktien sollten wieder vermehrt beobachtet werden. Der chinesische Drachen ist am Erwachen. In die Luft abgehoben hat er bisher nicht.
Zusätzliche Bildquellen: Anfangsgrafik Designed by Freepik
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