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  • martin1060

Marktanalyse - Kalenderwoche 11/2023

Bankenkrise, Analyse der Übernahme der CS durch die UBS, Bewertung und Ausblick auf die Aktienmärkte


Chart der Woche


Quelle: YouTube, Mario Lochner, 18.03.2023, Zeitstempel 14:30


Die Grafik zeigt den Wert von CDS (Credit Default Swaps) verschiedener Banken in Europa. Ein CDS ist eine Versicherung gegen Zahlungsausfall. Je höher der Wert desto höher schätzen die Marktteilnehmer den Zahlungsausfall bzw. Bankrott der Firma ein.


Warum das wichtig ist


Dass die Credit Suisse Probleme hat, ist unbestritten. Die Grafik zeigt aber, dass wir es aktuell nicht mit einer Bankenkrise in Europa zu tun haben, sondern dass einzelne schlecht geführte Banken im Fokus stehen. Die CDS anderer Banken wie der UBS, BNP Paribas oder generell des Finanzsektors haben sich kaum verändert.

Es ist also nicht zu befürchten, dass es jetzt zu einem Bank-Run im grossen Stil führen wird.


Warum löst schon wieder der Bankensektor eine Krise aus?


Viele werden sagen: Schon wieder die Banken in der Krise, haben sie denn aus der Vergangenheit nichts gelernt?

Alle grösseren Finanzkrisen oder Konkurse wurden ausgelöst, weil ein Grundsatz missachtet wurde. Gelder, die kurzfristig verfügbar sein müssen, werden langfristig angelegt. Dieses Ungleichgewicht in den Verbindlichkeiten wurden vielen zum Verhängnis. Der Hedgefonds LTCM, die Finanzkrise ausgelöst im MBS-Sektor, oder jetzt die Silicon Valley Bank.

Nun aber die schlechte Nachricht. Es ist das ursprüngliche Geschäftsmodell jeder Bank, dass Kundengelder jederzeit verfügbar sein müssen, sie diese aber langfristig in Hypotheken oder Firmenanleihen anlegen. So schaffen sie für die Gesellschaft einen Mehrwert. Schlussendlich kann jede Bank in die Knie gezwungen werden, wen alle Anleger gleichzeitig ihr Geld zurückwollen. Die Regulierung hat jetzt dafür zu sorgen, dass die Banken dieses Ungleichgewicht in den Verbindlichkeiten mit genügend Eigenmittel hinterlegen und nicht zu sorglos und gierig werden. Unfälle wird es aber immer geben.

Da die Welt immer vernetzter wird und die Banken immer grösser werden, können faktisch nur noch die Notenbanken in einem Notfall verhindern, dass die Krise einer Bank sich auf den ganzen Finanzsektor ausweitet.


Man kann sich natürlich auf den Standpunkt stellen, dass schlechte Firmen Konkurs gehen sollen und nicht vom Statt gerettet werden sollen. Das ist korrekt. Nur darf nicht vergessen werden, was bei einem Konkurs geschieht. Der Konkursverwalter schliesst alle Geschäfte der Bank. Alle Hypotheken werden per sofort zurückgefordert und auch alle Firmenkredite werden mit sofortiger Wirksamkeit gekündigt. Das kann zu unzähligen Zwangsversteigerungen von Immobilien führen und viele weitere Firmen, die gesund sind, in den Konkurs treiben. Bei einer systemrelevanten Bank wie der Credit Suisse wäre ein unkontrollierter Kollaps verheerend.


Historische Woche


Quelle: YouTube, InvestAnswers, 16.03.2023, Zeitstempel 7:18


Nach dem Kollaps zweier Banken in den USA haben viele Anleger ihr Geld in Sicherheit gebracht. Bargeld bei den Banken ist in den USA nur bis zu einem Betrag von USD 250'000 versichert. Darum haben viele Anleger kurzfristige Staatsanleihen von zwei Jahren gekauft. Die Grafik zeigt die wöchentliche Veränderung der Zinsen der zweijährigen Staatsanleihen in den USA. Wir sahen letzte Woche die grösste Veränderung seit 1987. Da 1987 die Veränderung am nächsten Tag wieder wettgemacht wurde, sprechen viele Marktteilnehmer auch von der grössten Veränderung, die es je gab.

Die Gelder sind aber dort nur geparkt und dürften schnell wieder woanders hin fliesen.


Quelle: YouTube, InvestAnswers, 16.03.2023, Zeitstempel 3:36


Die Grafik zeigt die Veränderung in den Erwartungen, wie die US-Notenbank am 22. März an ihrer nächsten Sitzung entscheiden wird. Noch am 10. März waren immer mehr Anleger der Meinung, die Notenbank würde die Zinsen um weitere 0.5% erhöhen. Nun rechnen fast 50% der Anleger damit, dass die Notenbank die Zinsen gar nicht erhöhen wird, um das Bankensystem nicht weiter zu destabilisieren. Die Bekämpfung der Inflation hat plötzlich keine Priorität mehr. Ein solcher Umschwung in den Erwartungen ist beispiellos.

Wir betrachten diese Entwicklung mit Sorge. Die Bekämpfung der Inflation sollte das oberste Ziel sein und nicht wegen der Rettung einiger Banken aus dem Auge verloren werden.


Bei einer Systemkrise würde es anders aussehen.

Quelle: YouTube, Mario Lochner, 18.03.2023, Zeitstempel 8:13

Die Grafik zeigt die Kreditvergabe der grossen Banken (links) und der Regionalbanken (rechts). Nach der Zinswende haben die grossen Banken die Kreditvergabe runtergefahren und die Risiken reduziert. Nicht so die kleineren Banken mit einer Bilanzsumme unter USD 250 Milliarden. Dank einem neuen Gesetz von Donald Trump wurden die Regeln für diese Banken massiv gelockert. Diesen Freiraum haben diese ausgenutzt. Einige wie die Silikon Valley Bank zu stark.


Quelle: YouTube, Mario Lochner, 18.03.2023, Zeitstempel 11:23


Die Grafik zeigt vier verbreitete Krisenindikatoren. Im Uhrzeigersinn oben links beginnend: Rendite von Anleihen ohne Rating (Junk Bonds), Rendite der Anleihen mit hoher Bonität (Investment Grade Bonds), vorrangig gesicherte Anleihen (Senior Loans) und der Volatilitätsindex (VIX).

Würde es zu einer Systemkrise kommen, müssten alle diese Indikatoren nach oben durch die Decke schiessen. Das geschieht nicht und zeigt, dass die Anleger besonnen reagieren.


Eine gute Arbeit haben die Notenbanken gemacht. Sie haben kurzfristig die Geldmenge drastisch erhöht.


Quelle: Twitter: Sven Heinrich, @NorthmanTrader, 16.03.2023


Die Grafik zeigt die Veränderung der Bilanz der US-Notenbank seit Herbst 2021. Seit der Zinswende hat die Notenbank die Geldmenge stetig reduziert. Mit der Erhöhung der Geldmenge stabilisiert sie zwar das System, aber riskiert den Kampf gegen die hohe Inflation zu verlieren.

Deshalb wäre es aus unserer Sicht fatal, wenn die Notenbank jetzt auch noch auf eine Zinserhöhung verzichtet.


Quelle: Twitter: Holger Zschaepitz, @Schuldensuehner, 17.03.2023


Die Grafik zeigt, wie die Notenbank die Geldmenge erhöht hat. Dies geschah über ein Programm, bei dem die Banken kurzfristig Geld bei der Notenbank aufnehmen können. Die kurzfristige Geldaufnahme übersteigt in der letzten Woche noch diejenige in der Mitte der Finanzkrise von 2007 bis 2009.

Die Grafik führt auch noch mal vor Augen, wie historisch und aussergewöhnlich die Entwicklung in der letzten Woche war.



Was bedeutet die Übernahme der CS durch die UBS für die Schweiz und die Anleger


Quelle: YouTube, InvestAnswers, 16.03.2023, Zeitstempel 20:59


Die Grafik zeigt nochmals auf, wie stark die Credit Default Swaps für die Credit Suisse, also die Kreditversicherungen, am Freitag angestiegen waren.


Betrachten wir die Übernahme aus der Sicht der unterschiedlichen Stakeholder:

  • Kunden der CS Alle, die noch Gelder bei der UBS haben, können aufatmen. Auch alle, die ihr Haus über die CS finanziert haben oder Firmenkredite bei der CS haben, können aufatmen. Die Gelder sind nun sicher und die Kredite müssen nicht zurückbezahlt werden.

  • Mitarbeiter der CS Für sie ist es die verheerendste Lösung von allen. Von den 17'000 Mitarbeiter in der Schweiz dürften 10'000 bis 15'000 ihren Job verlieren. Kundenberater mit direktem Kundenkontakt dürften übernommen werden, aber alle in der IT, Marketing oder im Asset Management dürften ihren Job verlieren. Das Gleiche gilt auch für alle im mittleren und höheren Management. Das hier die Behörde keine wettbewerbsrechtlichen Auflagen macht, ist völlig unverständlich. Auf eine entsprechende Frage an der Pressekonferenz war die Antwort, dass die Stabilität des Finanzplatzes der FINMA das Recht gibt, alle wettbewerbsrechtlichen Fragen auszuklammern. Ein Konkurs und eine Abwicklung nach den Too-Big to Fail Richtlinien hätte ermöglicht, die meisten Arbeitsplätze zu erhalten und das Schweizer Geschäft an einen Partner zu verkaufen, der an den Arbeitsplätzen interessiert ist. Der Verwaltungsratspräsident der UBS, Colm Kelleher, hat an der Pressekonferenz nur Aussagen gemacht, um die Anleger zu beruhigen, für die Mitarbeiter der CS und auch der UBS hat er die Unsicherheiten maximal erhöht.

  • Bankenplatz Schweiz Kurzfristig können viele Aufatmen. Der Druck der Finanzmärkte und aus dem Ausland dürfte per Montag wegfallen. Mittel- und langfristig gibt es aber nur Verlierer. Es wird eine gigantische Arbeitslosenwelle ausgelöst, durch Abschreibungen der Übernahme dürfte die neue UBS über Jahre keine Steuern bezahlen und auch die Steuern von 10'000, die Arbeitslos werden, fallen weg. Es dürfte 5-10 Jahre dauern, bis der Arbeitsmarkt im Finanzbereich in der Schweiz wieder ins Lot kommt. Im Retail-Banking spielt zwar noch der Wettbewerb, aber in vielen Bereichen wird die neue UBS ein Monopol haben. Die Folge werden höhere Preise und schlechtere Dienstleistungen sein. Das hier die Behörde keine wettbewerbsrechtlichen Auflagen macht, ist völlig unverständlich.

Die UBS hat sich aus gutem Grund gegen die Übernahme gewehrt. Die ganze geplante Geschäftsstrategie und Umwandlung in eine Digitale Bank ist vorerst vom Tisch. In den nächsten 3–5 Jahren wird die UBS vornehmlich mit sich selbst beschäftigt sein. Bis die Doppelspurigkeiten abgebaut sind, dürfte es Monate oder Jahre dauern. In der Zeit sind die Mitarbeiter vorwiegend auf ihre persönliche Situation fokussiert und nicht auf das der Kunden oder der Bank.

Wir empfehlen dann auch allen, die UBS-Aktien halten, diese nun zu verkaufen.


Aus unserer Sicht wurde die schlechteste und mutloseste Lösung gewählt. Selbst die Abwicklung und Aufteilung der Bank nach den Too-Big-to-Fail Richtlinien wäre besser gewesen.

Es hätte auch andere Möglichkeiten gegeben. Die Nationalbank hätte wie in den USA die Kreditversicherung auf alle Kundengelder ausweiten können. Damit wäre der Abfluss per sofort gestoppt worden. Die UBS hätte die CS neben der Nationalbank finanziell stützen können. Das erscheint unlogisch aber die UBS profitiert von einem direkten Rivalen. Von nun an wird die UBS unter ständiger Kontrolle der Wettbewerbsbehörde sein, da sie in gewissen Marktsegmenten ein absolutes Monopol hat.

Zudem hätte der CEO und Verwaltungsratspräsident per sofort ausgewechselt werden müssen.

Dieser Weg hätte für die Schweiz mittel- und langfristig nur Vorteile gehabt.


In dem Zusammenhang erinnere ich an eine Episode von 1997 als Microsoft Apple rettete. Damals hatte Microsoft massive Probleme mit der Wettbewerbsbehörde wegen der Dominanz ihres Betriebssystems. Apple hatte damals in einem Jahr 10% Marktanteil verloren und wies einen Verlust von USD 1,5 Milliarden aus. Die Firma stand kurz vor dem Bankrott. Dann wurde Bill Gates per Video an die Mitarbeiterkonferenz zugeschaltet, wo er gnadenlos ausgebuht wurde. Microsoft investierte USD 150 Millionen in stimmrechtslose Aktien von Apple und rettete Apple das Leben. Es entstanden aus den beiden Unternehmen zwei der heute wertvollsten Unternehmen weltweit. Das sind Entscheidungen, die Mehrwert schaffen.



Bewertung und Ausblick auf die Aktienmärkte


Quelle: Twitter: Jurrien Timmer, @TimmerFidelity, 16.03.2023


Die Grafik von Fidelity zeigt die aktuelle Bewertung der Aktien in Amerika, basierend auf dem P/E Ratio (Kurs/Gewinnverhältnis). Wenn man die Bewertung berechnet und zur abdiskontierung der Gewinne den aktuellen Zins der zweijährigen (rot) oder zehnjährigen Staatsanleihen verwendet, sollte die Bewertung tiefer sein. Dies ist ein klares Zeichen, dass basierend auf der aktuellen Zinserwartung die Aktienkurse zu hoch sind.


Quelle: YouTube, Mario Lochner, 18.03.2023, Zeitstempel 10:32


Die Grafik zeigt eine Umfrage der Bank of America bei den grossen institutionellen Geldanlegern. Die Mehrheit rechnet kurzfristig mit sinkenden Kursen, langfristig aber mit stark steigenden Kursen. Eine grössere Diskrepanz zwischen der kurzfristigen und langfristigen Prognose gab es noch nie, seit die Umfrage durchgeführt wird. Das zeigt auf, dass auch die grossen Anleger Probleme haben, die aktuelle Lage einzuschätzen. Sie reagieren darauf mit einer Reduktion des Risikos.


Quelle: Isabelnet, 15.03.2023


Hier wurden die aktiven Anlagefonds der amerikanischen Vermögensverwalter angeschaut. Ein Beta von 1 entspricht dem Risiko des Marktes. Der Risikoappetit ist so gering, wie das letzte Mal in der Finanzkrise 2009.


Auch wir gehen von einer Konsolidierung der Aktienkurse aus. Wir haben in den vergangenen Wochen den Anteil an Bargeld erhöht, bleiben aber weiter in konservative und qualitativ hochstehende Aktien investiert.



Zusätzliche Bildquellen: Anfangsgrafik Designed by Freepik


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