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Marktanalyse - Kalenderwoche 06/2025

martin1060

Handelsstreit unter Trump 2.0: Gewinner und Verlierer, mögliche Auswirkungen auf die Märkte




Einleitung: Trump ist nicht schuld


Als Erstes möchte ich eine Sache klarstellen: Die Aussage "Wegen Trump werden sich die ganzen weltweiten Handelsströme ändern und es wird das Ende der Globalisierung sein, wie wir sie kennen" ist falsch. Trump ist nur der Beschleuniger, aber nicht der Auslöser. Die Covid-Krise hat vielen Firmen gezeigt, dass sie die Zulieferketten neu organisieren müssen und die Produktion mehrheitlich dort stattfinden sollte, wo die Produkte verkauft werden. Verstärkt wurde dies durch den Ausbruch des Krieges in der Ukraine. Dies führte zu einer verstärkten Blockbildung: Amerika/Europa gegen China/Russland, mit vielen Ländern, die irgendwo dazwischen sind wie Brasilien oder Indien. Immer mehr Branchen oder Produkte werden als "strategisch" bezeichnet und diese sollen lokal produziert werden.


Man nennt diesen Trend Onshoring oder De-Globalisierung. Auch US-Präsident Biden hat hier mitgemacht. So wurden in den USA mit massiven Steuergeschenken neue Halbleiterfabriken aufgebaut, oder Europa/Deutschland hat Musk viele Erleichterungen bei dem Aufbau einer neuen Fabrik in Deutschland gewährt.

Die Frage, die sich Anleger stellen müssen, ist also, wie man sein Portfolio in Phasen des Onshoring aufbauen sollte, um davon zu profitieren.



Ausgangslage

Quelle: NZZ, 10.02.2025


Die Grafik zeigt das prozentuale Verhältnis der Waren- und Dienstleistungsexporte zum Bruttoinlandprodukt (BIP) im Jahr 2023. Das BIP der USA ist nur 11% vom Export abhängig, dasjenige von China zu 18% und das der EU fast 50%.

Die USA sind also in der komfortablen Lage, dass sie in einem Handelskrieg von möglichen Gegenmassnahmen nicht stark getroffen werden.

Die Grafik zeigt aber auch, welche Länder ein gutes Ziel für Trump sind, da ihre Volkswirtschaft stark auf den Export ausgerichtet ist.


Quelle: NZZ, 10.02.2025


Die Grafik zeigt den prozentualen Anteil an den gesamten Güter- und Dienstleistungsimporten der USA im Jahr 2023. Die Zahl in der Klammer zeigt die Position in der Rangliste. Die ersten drei Länder, Mexiko, Kanada und China, hat sich Trump ja schon vorgeknöpft.


Als Nächstes dürfte Trump einzelne europäische Länder wie Deutschland ins Visier nehmen. Die Erfolgsaussichten für Trump sind besser, wenn er sich einzelne europäische Länder vornimmt und nicht die EU als Ganze. Andererseits wäre es eigentlich im Interesse der meisten Länder der EU, diesen Streit nicht selbst, sondern auf EU-Ebene anzugehen. Aber dazu wird man wohl keine Einigung finden.


Die Grafik unten zeigt nochmals am Beispiel Kanada und Mexiko auf, wie verletzlich die Länder gegenüber den USA sind:

Quelle: YouTube, RobynHD, 03.02.2025, Zeitstempel: 08.25


Kanadas Wirtschaft ist stark auf den Export ausgerichtet und davon gehen fast 80% in die USA. Bei Mexiko ist es fast ähnlich. Andererseits machen diese Exporte nur 15% der Importe der USA aus.


Die USA haben in den letzten Tagen vor allem auch Reziproke-Zölle an gekündet. Die Grafik zeigt die Ausgangslage:


Quelle: YouTube, Markus Koch Wall Street, 10.02.2025, Zeitstempel: 10.50


Die Grafik zeigt auf der steigenden Achse links, welche Zölle die USA bisher für die jeweiligen Länder angewendet haben. Die Achse unten zeigt die Zölle, die für die USA beim Export für die jeweiligen Länder gelten.

Markiert ist China (CHN). China verlangt für US-Importe einen Zoll von 11%. Die USA belegen bisher China aber nur mit 4% Importzöllen. Das ist Trump ein Dorn im Auge und er sieht darin, durchaus zu Recht, eine Ungleichbehandlung der USA. Bei allen Ländern, die unter der Reziprozitätslinie liegen (Reciprocity line) ist dies der Fall. Besonders ins Auge fallen hier auch Indien und Brasilien. Europa und Japan sind relativ nahe an der Reziprozitätslinie. Das ist vielleicht der Grund, warum Trump sie nicht als erste Angegriffen hat.



Auswirkungen


Kurzfristige Auswirkungen:


Für die Länder, die stark vom Export abhängig sind, sind die Auswirkungen klar. Die Exporte werden einbrechen und die Firmen, auf deren Produkte die Zölle erhoben werden, werden weniger verkaufen und ihre Umsätze können einbrechen.


Durch die Zölle kann sich die Inflation in den USA erhöhen. Hier sind die Experten sehr uneinig, wie schlimm es werden wird. Eine Daumenregel besagt, dass pro 1% Zoll auf alle Importe, die Inflation um 0.1% steigt. Bei generellen Zöllen von 25%, waren das also 2.5% mehr Inflation.

Diese Inflation käme aber sprunghaft in einem Monat und nicht über lange Zeit. Viele Ökonomen glauben daher, dass die Auswirkung auf die Gesamtwirtschaft gering wäre.


Langfristige Auswirkungen:


Problematischer sind die langfristigen Auswirkungen.


Trump will die ganze Produktion wieder in die USA zurückholen. Die USA sind ein Hochlohnland. Wenn die ganze Produktion aus Niedriglohnländern in Hochlohnländer verschoben wird, so dürfte das für lang anhaltende Inflation sorgen.

Dazu kommt, dass Trump die billigen Arbeitskräfte in den USA (da sie entweder illegal arbeiten oder Arbeiten erledigen, die kein Amerikaner machen will) nun alle abschieben will. Das dürfte auch die Löhne steigen lassen.


Trump will das Handelsbilanzdefizit beseitigen. Bisher gab es einen globalen Deal. Die USA kaufen allen ihre Produkte ab und diese finanzieren dafür das Defizit, indem sie US-Staatsobligationen kaufen. Durch diesen Deal wurde der USD zur Weltwährung. Kündet die USA jetzt diesen Deal, so ist die Zeit des USD als Wechselwährung gezählt. Die BRICS-Staaten arbeiten ja schon fleissig an einer neuen Konkurrenzwährung.


Sollten die beiden oben genannten Szenarien zutreffen, wäre die Folge eine Hyperinflation in den USA und ein Crash des USD. Es gibt bekannte Investoren wie Ray Dalio (einer der grössten und erfolgreichsten Hedgefonds Manager der Welt), Michael Burry (hat den Lehmann-Crash richtig prognostiziert), oder Larry Summers (ehemaliger US-Finanzminister), die genau das prognostizieren.

Wir sind da weniger pessimistisch. Trump hat ein schreckliches Auftreten, aber irr ist er dennoch nicht. Wenn das so geschehen würde, dann wäre der Name Trump fortan das Synonym für "grösser Versager aller Zeiten". Trump ist ein Dealmaker und kein Ideologe. Er wird früh genug seine Wahlversprechen brechen, um das nicht zuzulassen.



Gegenstrategie


Die beste Gegenstrategie ist, wenn die Länder, die von den USA in einen Handelskrieg verwickelt werden, etwas in die USA liefern, was die USA strategisch dringend brauchen. Das sind insbesondere die Rohstoffe wie seltene Erden oder sonstige Rohstoffe. Kein Handy, kein Fernseher, kein Computerchip kommt ohne solche Rohstoffe aus.

Quelle: US Department of the Interior, US Geological Survey 2024, Page 8


Die Karte zeigt, welche Länder und in welcher Zahl für die USA kritische Rohstoffe in die USA liefern. Hier fallen vorwiegend Kanada und China auf. Diese Länder können den Export dieser Rohstoffe in die USA verbieten und so die USA unter Druck setzen.


Quelle: US Department of the Interior, US Geological Survey 2024, Page 23


Die Liste zeigt, welche Rohstoffe die USA als kritische Rohstoffe betrachten. In den zwei Spalten ganz rechts sieht man, in welchen Ländern sie gefördert und über welche Länder sie in die USA importiert werden.


Einen zusätzlichen Hebel haben China und Japan. Beide zusammen besitzen aktuell 22.3% aller vom Ausland gehaltenen ausstehenden US-Staatsanleihen. Insgesamt entspricht das 5.2% aller Schulden der USA. Diese beiden Länder könnten drohen, die Bestände zu verkaufen, was grosse negative Auswirkungen auf die USA hätte. Aber auch auf China und Japan, da auch sie grosse Verluste auf den Positionen hinnehmen würden.

Schon die Gefahr, dass diese Länder weniger neue US-Staatsanleihen kaufen könnten, ist einer der Gründe, warum die Zinsen in den USA seit dem Wahlsieg von Trump gestiegen sind, obwohl die Notenbank die Zinsen gesenkt hat.



Was bedeutet das für die Börse?


Bei der Beantwortung dieser Frage sind sich die Experten sehr uneins. Viele haben darauf reagiert, indem sie die Aktienanlagen reduziert haben. Da die Märkte seit Anfangsjahr, vor allem in Europa, stark gestiegen sind, haben diese Anleger bereits ein Problem, da sie ihren Kunden die geringe Rendite erklären müssen.


Quelle: X: David Zarling, CMT, @AdaptivCharts, 16.12.2024


Die Grafik zeigt die Entwicklung des US-Aktienmarktes (S&P 500) in den ersten vier Präsidentschaftsjahren von Trump. In Rot sind die Eskalationen und Einigungen in den diversen Handelskriegen eingezeichnet.

Was man auf den ersten Blick sieht, ist, dass die Handelskriege zwar viele Schlagzeilen in der Presse ausgelöst haben, aber eigentlich keinen Einfluss auf die Aktienmärkte hatten. 2018 haben die (eigentlich negativen Ankündigungen) sogar eine Trendwende nach oben bewirkt.


Quelle: CNN Business, Fear & Greed Index, 11.02.2025


Die Grafik zeigt den CNN-Angst- und Gier-Indikator (CNN Fear & Greed). Einer der bekanntesten Konterindikatoren der Börse. Bei grosser Gier vergessen die Anleger ihr Risikomanagement und nehmen viel zu riskante Positionen ein. Dies führt dann oft zu einer Trendwende.

Aktuell sind wir im neutralen Bereich. Zu viele Anleger machen sich Sorgen über die Politik von Trump und haben ihre Positionen reduziert. Wir würden hier warnen, wenn die Stimmung zu euphorisch wäre, aber so wie die Stimmungslage ist, ist eine grössere Korrektur aktuell eher unwahrscheinlich.


Quelle: YouTube, Mario Locher, 08.02.2025, Zeitstempel: 17.45


Die Grafik zeigt, wie sich der USD-Index (DXY, links) und die 10-jährigen US-Staatsanleihen (rechts) in der letzten Präsidentschaft von Trump von 2016 bis 2020 (blau) und der jetzigen Präsidentschaft (grau) entwickelt haben.

Bisher verhalten sie sich im gleichen Muster. Daher liegt der Schluss nahe, dass der USD fortan an Boden verlieren wird und auch die US-Zinsen nun sinken könnten.


Der US-Aktienmarkt dürfte mittelfristig von den Handelskriegen eher profitieren, da Trump bessere Konditionen für US-Firmen aushandeln wird. Das wird dadurch bekräftigt, dass sich in den aktuell laufenden Pressekonferenzen der Firmen zu den Gewinnausweisen für das vierte Quartal 2024, mehr also 50% der Firmen Gedanken um die Umwälzungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz machen, aber fast keine zu den Handelskriegen.


Anlagepolitik


Die Stimmung an den US-Aktienmärkten ist moderat, und die Auswirkungen der Handelskriege sind gering. Wir rechnen daher weiter mit steigenden US-Aktienmärkten. Ein sinkender USD dürfte aber die Renditen für ausländische Anleger etwas schmälern. Wir behalten die USA deshalb auf einer Benchmark-Gewichtung. Asien und die Schwellenländer meiden wir eher, dafür gewichten wir Europa und die Schweiz höher.


Was uns wesentlich mehr Sorgen bereitet, ist, die Entwicklung des US-Staatshaushaltes und die Pläne von Trump, die Steuern zu senken.


Quelle: YouTube, RobynHD, 27.01.2025, Zeitstempel: 11.14


Die Grafik zeigt die Entwicklung der US-Staatsausgaben (rot) und der Steuereinnahmen (blau) seit 2014. Sollte es Trump mit der Hilfe von Elon Musk nicht gelingen, die Staatsausgaben zu senken, droht eine weitere Schuldenexplosion.

Darüber sprechen wir aber in einem anderen Marktbericht.







Zusätzliche Bildquellen: Anfangsgrafik Designed by Freepik


Disclaimer:

Die Inhalte in den Blogs dienen ausschliesslich zu der allgemeinen Information und dazu, dass sich potenzielle Kunden ein Bild über unsere Arbeitsweise machen können. Es sind keine Empfehlungen, die zu dem Erwerb oder Verkauf von Vermögenswerten führen sollen und keine Anlageberatung. martInvestments kann nicht beurteilen, ob und wie die gemachten Aussagen zu Ihren Anlagezielen und Ihrem Risikoprofil passen. Wer auf der Basis von diesen Blogeinträgen Anlageentscheide trifft, trifft diese ausschliesslich auf eigene Verantwortung und Gefahr. martInvestments kann nicht für allfällige Verluste verantwortlich gemacht werden, die sie aufgrund von Informationen in diesem Blogeintrag gemacht haben. Die erwähnten Produkte sind keine Empfehlung, sondern es soll aufgezeigt werden, wie martInvestments arbeitet und solche Produkte aussucht. martInvestments ist zudem völlig unabhängig und verdient kein Geld in irgendeiner Form von Produktanbietern.



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