Konjunkturzahlen in den USA zu gut für Zinssenkungen, langfristige Bullen und Bärenmärkte, Bewertung von Firmen.
Chart der Woche
Quelle: Twitter, Equity Clock, @EquityClock, 02.02.2024
Vergangene Woche haben die Zahlen zum US-Arbeitsmarkt die Märkte enttäuscht. Es wurden mehr neue Stellen ausserhalb des Agrarsektors geschaffen als erwartet worden waren. Es wurden 325'000 neue Stellen geschaffen, erwartet worden war eine Zunahme von 180'000. Somit ging die Gesamtzahl der Beschäftigten in den USA im Januar um 2,635 Millionen oder 1,7% zurück und lag damit über der Prognose von 2,0%. Genau das zeigt der Chart oben.
Warum das wichtig ist
Die Grafik hilft zu verstehen, warum die Börse diese Nachricht so schlecht aufnahm. Die blaue Linie zeigt die durchschnittliche Veränderung der letzten 10 Jahre. Solange die aktuellen Zahlen über dieser Linie liegen, kühlt sich die Wirtschaft nicht ab. Somit wird die US-Notenbank die Zinsen nicht wie erwartet senken.
Quelle: Twitter, Mohamed A. El-Erian, @elerianm, 02.02.2024
Seit der Bekanntgabe der Daten hat sich die Erwartung der Anleger für eine Zinssenkung im März massiv verändert. Noch vor einem Monat lag die Erwartung bei 75%, nun nur noch bei 25%. Die Hoffnung auf sinkende Zinsen hat die Börse in den vergangenen Wochen angetrieben. Wir haben in diesem wöchentlichen Bericht immer wieder darauf hingewiesen, dass wir die Erwartung von sieben Zinssenkungen pro Jahr als zu optimistisch ansehen. Da viele Firmen in der aktuell laufenden Berichtsaison für das Jahresresultat 2024 die Erwartungen übertreffen, ist die Börse nicht so stark eingebrochen, wie das sonst üblich wäre.
Langfristige Bullen und Bärenmärkte
Wenn man die täglichen und wöchentlichen Schwankungen ausblendet, bewegt sich die Börse grossen Zyklen. Diese sind in der folgenden Grafik aufgeführt.
Quelle: Twitter, Jurrien Timmer, @TimmerFidelity, 01.02.2024
Im oberen Teil der Grafik sieht man die grossen Bullen- (steigende Börse) und Bärenmärkte (sinkende Börse).
Zwei kleine Eselsbrücken zu diesen zwei Begriffen. Ich komme aus Bern und der Bärengraben ist an einem der tiefsten Punkte der Stadt. Man geht zum Bärengraben also runter. Anderseits, wenn einem ein Bulle angreift und auf die Hörner nimmt, fliegt man nach oben.
Zur Grafik oben. Seit 1960 gab es 17 Bullenmärkte. Der Kursanstieg lag zwischen 48 bis 169%. Im aktuellen Bullenzyklus sind die Märkte erst 37% gestiegen. Würde die Börse jetzt nach unten drehen, würden wir den kürzesten Bullenmarkt seit 1960 sehen. Mit den guten Gewinnresultaten, die die Firmen aktuell bekannt geben, ist das unrealistisch. Die Bullenmarkt kann also noch einige Zeit weitergehen.
ABER, nun kommen wir zum unteren Teil der Grafik. Der zeigt aus, wie viele Prozent der Aktien auch in einem Bullen- oder Bärenmarkt sind. Aktuell wird der Bullenmarkt nur von 24% der Aktien am Markt getragen. Das ist der tiefste je gesehene Wert seit 1960. Tiefer als in der grossen Krise 1973 oder in der Techblase 2000. Damit die Rally weitergehen kann, müssen mehr Aktien diese Bullenbewegung unterstützen. Sonst wird es tatsächlich der kürzeste Bullenmarkt seit 1960.
Firmenbewertungen
Wann ist eine Firma teuer und wann ist sie günstig bewertet? Apple hat letzte Woche einen Quartalsgewinn von USD 40 Milliarden verkündet. Ist der Aktienpreis von USD 188 nun gerechtfertigt oder nicht.
Es gibt viele Methoden, den Wert einer Firma zu berechnen und zu beurteilen, ob eine Aktie teuer oder günstig ist. Eine der bekanntesten Kennzahlen ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis (P/E Ratio). Das Kurs-Gewinn-Verhältnis bekommt man, wenn man den aktuellen Aktienkurs eines Unternehmens durch den Gewinn pro Aktie dividiert.
Diese Berechnung kann man mit den aktuellen Zahlen durchführen, aber auch mit den Gewinnschätzungen. Dann nennt sich die Kennzahl "Forward P/E".
Quelle: Isabelnet, 05.01.20242
Die Grafik zeigt, wie sich seit 2014 des Kurs-Gewinn-Verhältnis von drei Indizes verändert hat. Dem S&P 500 (graue Linie), den Maginicant 7 Aktien (hellblaue Linie) und dem S&P 500 ohne die Magnificant 7 (dunkelblaue Linie: Apple, Amazon, Alphabet (Google), Meta Platforms (Facebook), Microsoft, Nvidia und Tesla).
In den vergangenen 10 Jahren wurde der S%P 500 zu einem P/E von 15 bis 20 gehandelt. Das bedeutet, die durchschnittliche Aktienbewertung liegt zwischen dem 15-fachen und 20-fachen des Jahresgewinns einer Firma.
Wenn ein Käufer heute eine Firma kauft, so muss die Firma über 20 Jahre mindestens den Gewinn liefern, den sie heute pro Jahr macht, bis der Kaufpreis erreicht ist und der Käufer einen Gewinn macht. Bei Firmen wie Nestle oder Coca Cola mag man sich zutrauen, eine Schätzung über 20 Jahre abzugeben. Bei einer Firma wie Netflix ist das anders.
Die Firma NVIDIA, eine der Magnificant 7, wird aktuell zu einem P/E von 90 gehandelt. Würden Sie die Wette eingehen, dass die Firma 90 Jahre mindestens den Gewinn erzielt wie im letzten Jahr?
Die Grafik oben zeigt auch auf, wie absurd hoch die Magnificant 7 bewertet sind. Hier hat sich die Bewertung stark von der Realität entfernt.
Die Berechnung des P/E basiert auf den publizierten Gewinnen der Firmen. Diese Gewinne können relativ einfach manipuliert werden. Mit Übernahmen, Fusionen und Abschreibungen können diese verzerrt sein. Robert Schiller, der Nobelpreisträger in den Wirtschaftswissenschaften, hat eine Version des P/E entwickelt, dass um diese Verzerrungen bereinigt wird. Es wird auch als das konjunkturbereinigte Kurs-Gewinn-Verhältnis bezeichnet.
Quelle: multbl.com, Februar 2024
Die Grafik zeigt die historische Entwicklung des Schiller P/E Ratios seit 1880. Der aktuelle Wert von 33.27 ist sehr hoch, aber nicht der höchste Wert, den es je gab. Die Pessimisten an den Börsen verwenden die Höhe des Schiller P/E oft, um ihre negativen Prognosen zu den Märkten zu begründen.
Die folgende Tabelle zeigt eine breite Auswahl von Bewertungsgrössen für Firmen.
Quelle: YouTube, Mario Lochner, 5.2.2024
Wir beabsichtigen hier nicht auf jede Bewertungsgrösse einzugehen, es geht um das Gesamtbild. In der Spalte Min und Max sind die tiefsten und höchsten Werte aufgeführt, die die Bewertungsgrösse je hatte. Interessant ist die Spalte "% Above avg". Also ob sich die Bewertungsgrösse über oder unter dem historischen Durchschnitt befindet.
Fast alle Bewertungsgrössen bewegen sich aktuell über oder sogar weit über dem historischen Durchschnitt, aber noch weit von den maximalen Höchstständen entfernt.
Das ist für uns jetzt kein Grund alle Aktien panikartig zu verkaufen, aber Vorsicht ist dennoch angebracht. Wir bleiben voll investiert aber fühlen uns in konservativen Substanzwerten wie Nestlé oder Coca-Cola wohler als in NVIDIA.
Interessant ist in dem Zusammenhang auch die folgende Grafik, die die Risikoprämie für Aktien aufzeigt.
Quelle: Twitter, Lance Roberts, @LanceRoberts, 02.02.2024
Die Grafik zeigt die durchschnittliche Risikoprämie des S&P 500 an. Dazu wird von der Gewinnrendite die Rendite von 3-Monats Staatsanleihen abgezogen.
Die Gewinnrendite bezieht sich auf den Gewinn pro Aktie für den letzten 12-Monats-Zeitraum, geteilt durch den aktuellen Marktpreis pro Aktie. Die Gewinnrendite (die Umkehrung des Kurs-Gewinn-Verhältnisses) zeigt den Prozentsatz des Gewinns je Aktie eines Unternehmens.
Ein negativer Wert bedeutet, dass man wohl in den nächsten 3 Monaten mehr verdient, wenn man US-Staatsanleihen kauft als, wenn man Aktien hält.
Das einzige Mal, als die Risikoprämie noch tiefer war, war in der Internetblase im Jahr 2000. Aber ähnliche Werte hatten wir auch 1997 und die Korrektur kam erst 3 Jahre später. Auch hier das gleiche Bild. Kein Grund, Aktien panikartig zu verkaufen, aber Vorsicht ist dennoch angebracht.
Zusätzliche Bildquellen: Anfangsgrafik Designed by Freepik
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