Die Herausforderung, die besten Anlagetalente und Fonds zu finden wenn sich die grossen Markttrends ändern.
2020 war eines der besten Jahre für aktive Fondsmanager. Die Rendite des
Technologiesektors in den USA lag 42 % im Plus und jene des Energiesektors mit
18 % im Minus. Eine solche Differenz zwischen dem besten und schlechtesten
Sektor ist aussergewöhnlich. Eine solche Konstellation bietet aber einem
Fondsmanager eine gute Basis, um den Markt zu schlagen. Normalerweise ist es
gerade in einem sehr effizienten Markt wie den USA sehr schwer, Outperformer
zu finden. 2020 lagen aber einige grosse Standard-Fonds mit mehr als 30 % über
der Benchmark.
Doch herrje: wie gewonnen, so zerronnen! Die Stars von 2020 liegen in diesem Jahr
bislang stark hinter der Benchmark. Was ist geschehen? Nach einer beispiellosen
Rally der Wachstumstitel (Growth) aufgrund der Corona-Pandemie kam es zu
einer Widerauferstehung der Substanztitel (Value). Über 30 und 50 Jahre betrachtet,
schlägt Value den Growth-Ansatz um Längen. In den letzten zehn Jahren war
es allerdings anders. Von Mai 2011 bis Mai 2021 konnte der weltweite Growth-Aktienindex um fast 230 % zulegen, der weltweite Value-Aktienindex aber «bloss»
um 100 %.
Die meisten Fondsselektoren beginnen die Suche nach einem neuen Fonds mit einem
Rendite-Screening der letzten drei, fünf oder zehn Jahre. Aus diesem Screening entsteht
eine Short-List, die dann weiter analysiert wird. Die Folge aus diesem Prozess
besteht darin, dass fast alle Fonds, die ausgewählt werden, einen Growth-Bias haben.
Seit letztem November sieht die Welt aber anders aus. Die Anleger konzentrieren
sich schon auf die Zeit nach Covid und prompt legen Value-Aktien eine Trendwende hin. Seit Anfang November 2020 konnte der weltweite Value- Aktienindex um 35 % zulegen, der weltweite Growth-Aktienindex aber «nur» um 20 %. Das ist die grösste Gegenbewegung von Value gegenüber Growth der letzten Dekade. Ist das nun eine Trendwende zu einer längeren Outperformance von Value-Titeln? Dies ist die zentrale Frage, die sich heute jeder stellen muss, der einen Anlagefonds auswählt.
Bias der Fondsmanager
Es besteht der weit verbreitete Irrglaube, dass sich ein Fondsmanager auf einen
solchen grösseren Trendwechsel einstellen kann – so nach dem Motto «Dafür
bezahlt man ihn ja.» Hinter jedem Fonds steht eine verantwortliche Person. Jeder
Mensch hat Dinge, die er lieber tut als andere. Ein Fondsmanager, der vor 20 Jahren
seine Karriere nach dem Studium als Analyst des Bankensektors begonnen hat,
hält heute in seinem Portfolio Bankaktien gemäss Benchmark oder sogar übergewichtet. Ein anderer Fondsmanager, der seine Karriere als Analyst des Automobilsektors begonnen hat, hält heute in seinem Portfolio hingegen den Automobilsektor gemäss Benchmark oder übergewichtet und sagt, dass er nie in Banken investieren würde, weil er den Sektor nicht versteht. Jeder Anleger, jeder Mensch und jeder Fondsmanager hat daher einen Bias. Ein aussergewöhnlicher
Growth Manager, der mit Leib und Seele dabei ist, wird nicht über Nacht zu einem
begnadeten Value-Manager. Es ist die Aufgabe eines Vermögensverwalters,
grosse Trendwechsel zu erkennen und die Fondsauswahl vorausschauend
anzupassen. Vergangenheitsvergleiche der Rendite oder Fondsratings, welche
auf Renditen basieren, sind in einem solchen Fall nicht zielführend. Sie sorgen
dafür, dass man konstant die falschen Manager wählt und dem Markt immer einen
Schritt hinterherhinkt.
Fonds-Trading nicht sinnvoll
Wir propagieren hier auf keinen Fall ein Fonds-Trading. Es reicht, wenn man sich
auf die grossen Trends beschränkt, die oft zwei bis fünf Jahre dauern. Ein Trendbruch
– wie im aktuellen Fall von Growth auf Value – stellt aber die Fondsauswahl
vor grössere Herausforderungen. In einem persönlichen Gespräch mit dem
Fondsmanager ist es daher zentral, seinen Bias zu ergründen. In welchen Märkten
fühlt er sich wohl, in welchen nicht? Dabei hilft es, als Vorbereitung zum Gespräch
die Sektorgewichtung des Managers über die letzten drei bis fünf Jahre
vertieft zu betrachten. War diese konstant oder hatte sie grössere Schwankungen?
Neben der Sektorgewichtung ist auch die Growth- oder Value-Gewichtung zentral. Ein Indiz für einen Growth Manager besteht, wenn er bei der Titelauswahl auf ein hohes Gewinn- oder Umsatzwachstum fokussiert und die Verschuldung der Firma keine grosse Rolle spielt. Ein Indiz für einen Value Manager liegt vor, wenn er stark auf die Bewertung (etwa Book to Price) oder Indikatoren wie den Free Cashflow achtet.
Dieser Artikel ist im September im B2B-Magazin erschienen.
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