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martin1060

Marktanalyse - Kalenderwoche 19/2024

Soll man im Mai verkaufen?, Firmen machen mehr Gewinne als erwartet, aber die Wirtschaft kühlt ab, das FED-Model.



Chart der Woche


Quelle: X, Charlie Bilello, @charliebilello, 03.05.2024


Die Grafik zeigt zwei Umfragen, bei den Einkaufsmanagern von Firmen in verarbeitenden Gewerbe (ISM Manufacturing PMI) und im Dienstleistungsgewerbe (ISM Service PMI). Die beiden Indizes haben historisch eine grosse Prognosekraft über den zukünftigen Weg der Wirtschaft und gehören deshalb zu den meist beachteten vorlaufenden Wirtschaftsindikatoren. Ein Wert über 50 bedeutet eine wachsende Wirtschaft, ein Wert unter 50 eine schrumpfende Wirtschaft.


Warum das wichtig ist


In den vergangenen 15 Jahren hat der Anteil des verarbeitenden Gewerbes am gesamten Bruttosozialprodukt stetig abgenommen. Er beträgt noch 35%. Der Anteil des Dienstleistungssektors ist aber auf 65% gestiegen.

Wie die Grafik oben zeigt, ist die verarbeitende Industrie seit 18 Monaten schrumpfend, also in einer Rezession. Der Dienstleistungssektor aber nicht. Wegen des höheren Gewichts ist damit auch die Gesamtwirtschaft weiter gewachsen.

Das zeigt das Dilemma der Analysten auf. Die meisten vorauslaufenden Wirtschaftsindikatoren basieren auf Zahlen des verarbeitenden Gewerbes und prognostizieren eine Rezession, aber der Mehrheit der Firmen geht es hervorragend und die Firmengewinne steigen.


YouTube: Mario Lochner, 11.05.2024, Zeit: 08.13


Die Grafik zeigt den Abschluss der Gewinnsaison für das erste Quartal 2024. Die Gewinne sind im Durchschnitt um 8% gestiegen. Es war ein Anstieg von 3% erwartet worden. Die Wirtschaft ist nach wie vor überraschend stark und keine Rezession ist in Sicht.


Quelle: X, Michael A. Arouet, @MichaelAArouet, 10.05.2024


Im Kontrast zu der guten Gewinnsaison sinkt der US Economic Surprise Index (schwarze Linie). Der Economic Surprise Index stellt die Summe der Differenz zwischen den offiziellen Wirtschaftsergebnissen und den Prognosen der Analysten dar. Liegt die Summe über 0, übertrifft die Wirtschaftsleistung im Allgemeinen die Markterwartungen. Liegt die Summe unter 0, sind die wirtschaftlichen Bedingungen im Allgemeinen schlechter als erwartet.

Der Index verliert seit Anfangs April stark an Wert. Die Wirtschaft kühlt ab. Wie die Grafik oben zeigt, verliefen die Zinssätze für 10-jährige Anleihen (rote Linie) und der USD (grüne Linie) meist relativ parallel. Sollte sich diese Korrelation fortsetzen, sollte insbesondere der USD gegenüber den anderen Währungen an Wert verlieren.


Aktuell erholt sich der PMI des verarbeitenden Gewerbes wieder, aber nun beginnt der Dienstleistungssektor zu schwächeln, der bisher eine solide Stütze war. Das sorgt aktuell für die sehr volatilen Marktbewegungen. Die Meinungen der Analysten gehen sehr stark auseinander. In einer solchen Situation ist es ratsam, vorsichtig investiert zu sein und nicht zu viele Risiken einzugehen.



Soll man im Mai verkaufen?


Eine der bekanntesten Börsenregeln kautet: "Sell in May and go away, but don't forget to come back in October". Es reicht also, wenn man nur von November bis April investiert ist, der Rest des Jahres kann man 100% Bargeld halten.


Quelle: Investing.com, 25.04.2023


Der blaue Teil der Grafik zeigt, wie sich eine Investition von USD 10'000 seit 1957 entwickelt hätte, wenn man immer von Mai bis Oktober investiert war. Der rote Teil zeigt wie sich USD 10'000 entwickelt hätte, wenn man immer von November bis April investiert war. Der Unterschied ist riesig.


Es gibt verschiedene Begründungen warum das so ist:

  • In den Sommermonaten sind viele in den Ferien, die Volumen sind tief.

  • Die Firmen überraschen kaum mit neuen Ankündigungen von Produkten. Diese kommen dann erst für das Weihnachtsgeschäft und werdem im Herbst präsentiert.

  • Grosse Serviceverträge werden im November ins Budget aufgenommen, und im Frühling vergeben. Es kommen daher wenig neue Impulse (oder positive Überraschungen) von Firmen.


In den vergangenen 5 Jahren hat jedoch die Renditedifferenz der beiden Strategien stark abgenommen.

Quelle: MarketWatch, 01.05.2019


Untersucht man diesen Zusammenhang mit Daten der letzten 50 Jahre. So war die Renditedifferenz von Mai bis Oktober (rote Balken) und November bis April (blaue Balken) fast 5.5% pro Jahr. Schaut man aber nur die letzten 5 Jahre an, so reduziert sich die Differenz auf ca. 1%.

Die Daten oben stammen aus den USA. Nicht in jedem Land ist der Effekt gleich stark.


YouTube, Finanztip, 16.03.2021


Die Grafik zeigt in welchen Ländern der "Sell-in-May"Effekt am grössten ist, Das sind eher die Länder rechts in der Grafik oben. In der Schweiz, Deutschland aber auch Norwegen und Griechenland sind der Effekt sehr hoch. Dagegen in Finnland, Australien und Neuseeland gering. Es lässt sich keine schlüssige Begründung für die Unterschiede finden.

Fakt ist aber, dass der Effekt in allen Ländern auftritt. Es gibt kein Land, dass durch den Sommer die bessere Rendite zeigt als im Winter.

Bei den Zahlen handelt es sich immer um Durchschnittswerte. Betrachtet man die einzelnen Jahre, so tritt der Effekt in 8 von 10 Jahren auf. Also auch ein sehr stabiler Wert.

Die meisten Ausnahmen, in denen der Effekt in den USA nicht gilt, ist in Wahljahren. Wir haben in diesem Jahr Wahlen in den USA. Die Begründung ist, dass im Wahlkampf die Kandidaten viele Versprechen abgeben und somit von der Politik positive Impulse kommen.



Das FED-Modell


Quelle: X, Jurrien Timmer, @TimmerFidelity, 10.05.2024


Das Modell verdankt seinen Namen den ehemaligen FDP-Präsidenten Greenspan und Powell, die sich in den Begründungen für Zinsentscheide oft auf dieses Modell verwiesen haben. Ob die Notenbank auch heute noch dieses Modell aktiv braucht, ist nicht bekannt.


Das "Fed-Modell" oder "Fed Stock Valuation Model" (FSVM) ist eine Theorie der Aktienbewertung, bei der die voraussichtliche Gewinnrendite des Aktienmarktes mit der nominalen Rendite langfristiger Staatsanleihen verglichen wird. Die Theorie besagt, dass der Aktienmarkt als Ganzes fair bewertet ist, wenn die voraussichtliche I/B/E/S-Gewinnrendite für ein Jahr der nominalen Rendite zehnjähriger Staatsanleihen entspricht.


Die schwarze Linie zeigt das P/E von Staatsanleihen und die rote Linie das P/E der Aktien. Die Balken im unteren Teil zeigen die Überbewertung von Obligationen (im Negativen Bereich) oder deren Unterbewertung (im Positiven Bereich.


Von 2003 bis 2023 waren Aktien mit einem tieferen P/E bewertet und somit die bessere Anlage für Investoren. Nun hat sich die Lage aber gedreht. Obligationen sind aktuell fairer bewertet als Aktien und sollten daher Platz in jedem Portfolio haben.

Die aktuelle Situation hat aber auch Nachteile. Immer wenn das Balkendiagramm im unteren Teil der Grafik im positiven Bereich ist, also Anleihen besser bewertet sind, kommt es zu einer hohen Korrelation mit Aktien. Anleihen steigen und sinken synchron mit den Aktienmärkten und sind keine Diversifikation mehr.

Darum sind auch in den nächsten Monaten und Jahren tendenziell mit höheren Volatilitäten in den Portfolios zu rechnen.


Die Gefahr für Anleger in seinem solchen Marktumfeld ist, dass man zu hohe Risiken eingeht, weil sich die Aktien und Anleihen nicht mehr zu gut ergänzen wie in den vergangenen 20 Jahren.




Zusätzliche Bildquellen: Anfangsgrafik Designed by Freepik


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